Vorgezogene Parlamentswahl Sozialdemokraten in Island stärkste Kraft
Island steht vor einem möglichen Regierungswechsel: Die Sozialdemokratische Allianz ist bei der Parlamentswahl in Island nach vorläufigen Zahlen stärkste Kraft geworden. Die bisherigen Regierungspartner erlitten teils starke Verluste.
Bei der vorzeitigen Parlamentswahl in Island ist die bislang oppositionelle Sozialdemokratische Allianz (Samfylkingin) mit 20,8 Prozent der Wählerstimmen stärkste Kraft geworden. Das geht aus vorläufigen Zahlen hervor, die der Rundfunksender RÚV nach Auszählung aller abgegebenen Stimmen veröffentlichte. Dies entspricht einer Verdopplung ihres Ergebnisses im Vergleich zur Wahl 2021.
Zum Teil starke Verluste für die Regierungskoalition
Während neben den Sozialdemokraten auch andere Oppositionsparteien starke Zugewinne verzeichneten, stürzten die drei bisherigen Regierungsparteien teils kräftig ab: Die liberalkonservative Unabhängigkeitspartei von Ministerpräsident Bjarni Benediktsson landete trotz Verlusten mit 1,4 Prozentpunkten Rückstand auf die Sozialdemokraten auf Rang zwei. Deutlicher traf es die in der politischen Mitte angesiedelte Fortschrittspartei. Sie rutschte von mehr als 17 auf unter acht Prozent ab. Die Links-Grüne Bewegung flog nach mehr als zwölf Prozent im Jahr 2021 sogar aus dem Parlament.
Künftig sind nur noch sechs statt acht Parteien im Althing in Reykjavik vertreten. Neben den Links-Grünen scheiterte auch die Piratenpartei an der Fünf-Prozent-Hürde. Eine Fortführung der Regierungskoalition, die erst fast sieben Jahre lang von der Links-Grünen Katrín Jakobsdóttir und seit April von ihrem Nachfolger Benediktsson angeführt wurde, ist damit ausgeschlossen.
Ministerpräsident Benediktsson hatte Staatspräsidentin Halla Tómasdóttir Mitte Oktober um die Auflösung des Parlaments gebeten, nachdem die von seiner liberal-konservativen Unabhängigkeitspartei geführte Koalition an einem Streit über die Migrations- und Energiepolitik zerbrochen war.
Die liberalkonservative Unabhängigkeitspartei von Ministerpräsident Bjarni Benediktsson landete auf Rang zwei.
Sozialdemokraten könnten Sondierungsauftrag erhalten
Damit dürften die Sozialdemokraten um ihre Vorsitzende Kristrún Frostadóttir bald mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Sie kommen allein auf voraussichtlich 15 der 63 Parlamentsmandate, womit sie für eine Mehrheit auf mindestens zwei Juniorpartner angewiesen sind. Möglich wäre etwa eine Mitte-Koalition mit der Liberalen Reformpartei (Vidreisn) und der Volkspartei. Als eher unwahrscheinlich wird dagegen eine Zusammenarbeit mit Benediktssons Unabhängigkeitspartei betrachtet.
Die Wahlbeteiligung betrug rund 80 Prozent. Wahlberechtigt waren etwa 270.000 Menschen in dem Land mit etwa 400.000 Einwohnern.