EU-Beratungen über Lage im Irak Erst Hilfsgüter, dann Waffen?
Die ersten Hilfsgüter aus Deutschland sind auf dem Weg in den Nordirak - nun könnten bald Waffen folgen. Wie Außenminister Steinmeier sagte, einigten sich die EU-Außenminister auf eine Erklärung, in der sie Waffenlieferungen durch einzelne Mitgliedsstaaten begrüßten.
Die Außenminister der Europäischen Union haben sich für die Lieferung von Waffen an die irakischen Kurden ausgesprochen. Sie einigten sich auf eine gemeinsame Erklärung, in der sie begrüßen, "dass einzelne Länder Anfragen der Sicherheitskräfte der Region Kurdistan nach deren Unterstützung auch positiv beantworten" werde. Es habe eine lange Diskussion über diese Frage gegeben, so Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Er machte deutlich, dass noch nicht klar ist, welche Art von Material in der Krisenregion im Nordirak benötigt werde. Das Militär in der Region Kurdistan sei "ausgestattet mit Ausrüstung, die aus Zeiten des Ostblocks stammt", sagte Steinmeier. Insbesondere für Munition werde es deshalb wohl Anfragen an osteuropäische Staaten geben.
Steinmeier reist in den Irak
Nach Einschätzung des Brüsseler ARD-Hörfunkkorrespondenten Holger Romann bedeutet die Erklärung, dass sich die 28 Regierungen sich enger abstimmen und die unterschiedlichen Hilfsmaßnahmen besser koordinieren wollen. Bei dem Treffen in Brüssel sei spürbar geworden, dass man den Eindruck vermeiden will, angesichts eines drohenden Völkermords tatenlos zu bleiben oder wegzuschauen – so wie in Ruanda oder Srebrenica. Die meisten Mitgliedsstaaten wollen sich aber nach wie vor militärisch nicht engagieren.
Steinmeier ist auf den Weg in die Krisenregion: Sowohl Gespräche mit der irakischen Führung in Bagdad als auch mit Verantwortlichen in der Region Kurdistan stehen auf dem Programm. Steinmeier erhofft sich nach eigener Aussage davon unter anderem Aufschluss darüber, wie die deutsche Unterstützung genau aussehen kann.
Flüge mit Hilfsgütern gestartet
Die Unterstützung mit Hilfsgütern für die Flüchtlinge, die im Nordirak von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geflüchtet sind, ist bereits angelaufen: Nach Angaben der Bundesregierung flogen im schleswig-holsteinischen Hohn insgesamt fünf beladene Transportflugzeuge vom Typ Transall ab. Nach einem Zwischenstopp in der Türkei sollen vier Flugzeuge in Erbil im nordirakischen Kurdengebiet landen. Dorthin konnten sich Zehntausende Jesiden, Christen und andere Vertriebene retten, die von den Dschihadisten terrorisiert werden.
Deutschland hat bereits 24,4 Millionen Euro humanitäre Hilfe geleistet. Die Transall-Maschinen bringen nun insgesamt rund 30 Tonnen Lebensmittel und sechs Tonnen medizinisches Material nach Erbil, wo sie noch am Abend landen sollten.
Bundesregierung erwägt Waffenlieferungen
Zuvor hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Möglichkeit von Rüstungsexporten angesprochen. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte das bereits angedeutet.
Die "Bild"-Zeitung berichtete unter Berufung auf eine geheime Vorlage an die Bundeswehrführung, es werde erwogen, für Partnerländer die Lieferung von militärischer Ausrüstung, Waffen und Munition in den Irak zu übernehmen. Nach Informationen des Blattes werde im Verteidigungsministerium diskutiert, Kalaschnikow-Gewehre aus Bulgarien und Rumänien an die Kurden zu liefern.
Hoffnung auf mehr Stabilität durch Rückzug Malikis
In Bagdad zeichnet sich währenddessen ein Ende des politischen Machtkampfes ab, nachdem sich der umstrittene Regierungschef Nuri al Maliki zum Rückzug bereit erklärt erklärt hatte. Die USA, die Vereinten Nationen und die deutsche Regierung begrüßten das, ebenso Iraks höchster schiitischer Geistlicher. Er rief in seiner Freitagspredigt alle Parteien des Landes zur Zusammenarbeit mit dem designierten Ministerpräsidenten Haidar al Abadi auf.
Auch sunnitische Stammesführer und Geistliche erklärten sich zur Beteiligung an der neuen irakischen Regierung bereit. Allerdings müssten die Bedingungen stimmen, sagte ein Sprecher der sunnitischen Gruppierungen. Der Machtkampf hatte den Kampf gegen die Terrormiliz IS behindert, die inzwischen große Gebiete erobert und Zehntausende Menschen vertrieben hat.
Weiter US-Luftangriffe
Unterdessen berichten Augenzeugen im Nordirak, die US-Luftwaffe habe in der Region Sindschar Raketen gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) abgefeuert. Diesen seien jedoch in Häusern von Zivilisten eingeschlagen, sagten sie der Nachrichtenagentur dpa. Die US-Luftwaffe bombardiert seit mehreren Tagen Stellungen der IS-Extremisten im Nordirak. Die Luftschläge sollen die Flüchtlinge und US-Militärs in der Region schützen.