Hisbollah im Libanon Staat im Staat
Seit mehr als 30 Jahren ist die Hisbollah fest im Libanon verankert. Sie hat großen Einfluss auf die Politik des Landes, kontrolliert ganze Regionen. Das versucht der Iran für sich zu nutzen.
In der Dakhiye, den südlichen Vororten der libanesischen Hauptstadt Beirut: Die Zufahrten kontrolliert die libanesische Armee. Die Straßen hinter den Checkpoints beherrscht allerdings eine andere Kraft. Und ihre Leute erkennen sofort jeden, der nicht hierher gehört.
Männer in schwarzen Kampfanzügen klären, was Fremde in der Dakhiye zu suchen haben. Sie machen damit deutlich, wer über die Vororte herrscht: Allein die Hisbollah.
Die Organisation ist berühmt berüchtigt: Viele haben schon vieles über sie geschrieben, wobei sich ihre Mitglieder so gut wie nie öffentlich äußern. Scheich Hassan Nasrallah, der Generalsekretär der Hisbollah, spricht als einziger für seine Organisation - meistens aus einem Versteck heraus per Video-Schaltung.
Hisbollah-Truppen im Libanon.
Von Anfang an unter iranischem Einfluss
So erklärte Nasrallah auch, warum die Hisbollah im Syrien-Krieg Partei für das Regime von Bashar al-Assad ergriffen hat. "Die Hisbollah sieht sich im Widerstand gegen Islamisten vom Schlage des IS und al-Qaidas, zum Wohle des Libanon und aller Libanesen - Christen, Sunniten, Schiiten", so Nasrallah in einer Ansprache. Widerstand und Libanon - zwei zentrale Begriffe der Hisbollah.
In den 80er-Jahren gründeten Mitglieder verschiedener libanesischer Gruppen "die Partei Gottes", wie die Hisbollah auf Deutsch heißt. Mit dabei waren auch Kämpfer, die aus dem Iran geschickt worden waren: Gardisten von Ayatollah Khomeini, der 1979 mit seiner islamischen Revolution den Schah von Persien gestürzt hatte.
Die meisten libanesischen Gründungsmitglieder sahen in der Hisbollah vor allem eine schlagfertige Widerstandskraft im Kampf gegen Israel, dessen Soldaten seinerzeit Teile des Libanon besetzt hatten. Und auch heute noch bezeichnet die Hisbollah sich so.
Von Schiiten dominiert
Aber: Die Hisbollah ist mehr als ihr militärischer Flügel. Sie ist eine soziale Kraft, bietet Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, zahlt Ausbildungshilfen und Renten. Außerdem vertritt sie ihre Anhänger im Parlament als politische Partei.
Die Hisbollah ist ein Staat im Staat. Aber eben weil sie von Schiiten dominiert ist, weil sie von Anfang an enge Beziehungen zu Teheran unterhielt und weil sie von dort bis heute unter anderem finanzielle Unterstützung erhält, sehen ihre Kritiker in der Organisationen einen verlängerten Arm des Iran.
Das hingegen sei die Hisbollah keinesfalls - sagt Karim al-Makdisi, Professor für Politikwissenschaft an der renommierten American University of Beirut: "Ja, ich denke, dass sie eine libanesische Kraft ist. Der Trend der vergangenen 30 Jahre zeugt davon, dass Hisbollah ganz sicher eine libanesische Organisation ist. Ihre Leute haben weit reichende Ansichten darüber, was Widerstand bedeutet. Und: Die Hisbollah hat bestimmte geopolitische Interessen. Aber sie ist weitgehend im Libanon verwurzelt", sagt er.
Iran will mitmischen
Klar ist: Der Iran versucht über die Schiiten im Libanon - insbesondere über die Hisbollah - Einfluss auf das Land auszuüben. Wobei es Teheran generell darum gehe, so heißt es allenthalben, den "Grünen Halbmond" zu schaffen: Ein schiitisches Einflussgebiet von Teheran, über Bagdad und Damaskus bis Beirut.
Weil der Libanon aber ein Land ist, das verschiedene ethnische und religiöse Gruppen ihr Zuhause nennen, versuchen auch alle anderen Staaten der Region im Libanon mitzumischen. Neben dem Iran zum Beispiel auch Saudi Arabien. Das führt immer wieder zu Spannungen.