Migranten aus Mittelamerika Wenn Entwicklungshilfe Armut fördert
Die Tausenden Mittelamerikaner, die als Karawane Mexiko in Richtung USA durchqueren, erregen weltweit Aufmerksamkeit. Doch warum verlassen die Menschen ihre Heimat?
Etwa zwei Milliarden US-Dollar haben die USA in den vergangenen drei Jahren in die so genannte Allianz für Wohlstand im Nördlichen Dreieck gesteckt - damit sind die drei Hauptherkunftsländer von Migranten Guatemala, El Salvador und Honduras gemeint.
Mit Flößen überqueren einige Honduraner die Grenze nach Mexiko.
Probleme seit Jahrzehnten bekannt
Die Fluchtursachen habe das nicht beseitigt, im Gegenteil meint der mexikanische Politologe Nayar López: "Das ist eher eine öffentlichkeitswirksame Politik, die ihre Grenzen hat. Versucht wird, ein altes Abhängigkeitsverhältnis aufrecht zu erhalten, aber es wird nicht in soziale Komponenten investiert, Strukturen werden nicht wirklich verbessert.
Armut, Gewalt, Arbeitslosigkeit - da habe sich in den vergangenen Jahren rein gar nichts getan, sagt Lopez; "Im Gegenteil: Die Flüchtlingskarawane zeigt ja das Scheitern dieser Almosenpolitik nur zu allzu deutlich auf. Das war schon in den 1960er-Jahren so, als US-Präsident Kennedy die Allianz für den Fortschritt ausrief. Auch dadurch gab es keinen Wandel."
Entwicklungshilfe verstärkt Ungleichheit
Die Ungleichheit in Mittelamerika ist extrem geblieben: Zwei Drittel der Honduraner leben in Armut. Auf der anderen Seite zählt das kleine Land die zweitmeisten Millionäre der Region. Eine kleine Elite bestimmt Politik und Wirtschaft. Der Traum von einem besseren Leben treibt die verarmten Menschen seit Jahrzehnten in die USA. Als Fluchtgründe hinzugekommen sind Unsicherheit und Gewalt, die in den Elendsvierteln herrschen.
Wer bettelarm ist und keine Aufstiegschancen sieht, schließt sich eher einer der kriminellen Jugendbanden, den Maras, an. Investiert haben Länder wie Honduras die US-Hilfe vor allem in ihre Sicherheitskräfte oder die Infrastruktur. Die Wirtschaft setzt auf die Ausbeutung von Bodenschätzen. Wenn indigene Ureinwohner damit nicht einverstanden sind, werden sie oft von Sicherheitskräften unterdrückt, die ausländischen Investoren den Weg ebnen. Oder sie werden von Paramilitärs ermordet, so wie auch viele Umweltschützer und Menschenrechtler.
Viele bleiben abgehängt
Sicherheitskräfte bekämpfen Jugendbanden nach dem Prinzip der "harten Hand", anstatt den jungen Menschen Alternativen zu bieten. Das Problem von Hilfsprogrammen, wie der Allianz für den Wohlstand, sei, dass sie nur auf Wirtschaftswachstum setzten, aber nicht auf Beseitigung der Armut, meint der guatemaltekische Wirtschaftswissenschaftler Wilson Romero: "Wenn die Programme nicht gegen die Ungleichheit und Ausgrenzung eingesetzt werden, sind sie sinnlos."
Die Programme seien nicht langfristig angelegt, sagt Romero. "Wenn der Fokus weiterhin nur auf Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen liegt, es aber nicht um die Qualität geht, höhere Löhne etwa, bleiben die Probleme und die paradoxe Situation bestehen: Die Wirtschaft wächst, aber zugleich steigen Armut und Migration."
Wahre Hilfe kommt nur von den Auslands-Honduranern
Die US-Hilfe zu streichen, würde sich auf die ohnehin verarmte Bevölkerung kaum auswirken, meint Romero. Die Honduraner in der Flüchtlingskarawane sagen: Finanzielle Hilfe der US-Regierung ist bei uns nie angekommen. Eine spürbare Linderung ihrer Armut haben sie nur durch die Überweisungen von Angehörigen erfahren, die bereits in den USA leben.
2017 waren das 4,3 Milliarden Dollar. Diese Rücküberweisungen sind für Honduras die Hauptdevisenquelle und machen etwa 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Die Armut beseitigen auch sie nicht, ermutigen aber vor allem junge Menschen, Arbeit im Norden zu suchen, um auch ihre Familien unterstützen zu können.