Brexit-Streit Johnsons zweiter Neuwahl-Anlauf
Dem britischen Premier Johnson droht eine weitere Niederlage: Das Unterhaus stimmt heute über seine Neuwahlpläne ab. Zuvor will er in Irland über "Hightech" statt "Backstop" beraten.
Zum Auftakt dieses bedeutenden Tages ist Boris Johnson zunächst einmal in Dublin, wo er mit seinem irischen Amtskollegen Leo Varadkar zusammentrifft. Es sind die ersten direkten, offiziellen Gespräche der beiden Regierungschefs auf bilateraler Ebene - Gespräche, die Johnson nun aus einer Position der Schwäche führen muss.
Varadkar hat die Erwartungen vor dem Treffen bereits stark gedämpft. Er erwartet keinen Durchbruch. Sollte es noch eine Einigung geben, dann werde das auf dem EU-Gipfel im Oktober sein. Der irische Premier drängt Johnson dazu, die "Hightech"-Lösung voranzutreiben, die angeblich eine Alternative zum "Backstop" sein könnte. Großbritanniens Außenminister Dominic Raab hält daran fest, dass es diese Alternative gibt.
Tatsächlich gibt es einen glaubwürdigen Weg, das Problem zu lösen. Aber das braucht den politischen Willen in Dublin und dem Rest der EU.
"Es wird Kontrollen geben"
Dann, so Raab, könnten Hightech-gestützte Warenkontrollen jenseits der Grenze stattfinden, kleinere Unternehmen könnten von Kontrollen ausgenommen werden. Gespräche darüber fänden statt. Premier Varadkar spricht auch von Kontrollen in Häfen und an Flughäfen, aber Kontrollen in Grenznähe, glaubt er, wird es trotzdem geben. Der irischen Wirtschaft hat erst vor wenigen Tagen noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt, worauf sie sich einstellen muss:
Zölle werden fällig für Waren, die Irland aus dem Vereinigten Königreich importiert und andersherum. Sie müssen Zollerklärungen machen. Das wird für die Unternehmen teuer und bürokratisch. Es wird Kontrollen für Waren und Tiere geben. Wir arbeiten an den Details mit der EU-Kommission und ich werde die Öffentlichkeit und die Wirtschaft informieren, wenn das Ergebnis vorliegt.
Johnson muss mit Niederlage rechnen
Auch wenn es bei dem Treffen in Dublin keinen Durchbruch geben wird, dürfte die erste Tageshälfte für Johnson die bessere sein. Denn zurück in London muss er mit einer weiteren Niederlage rechnen. Die Regierung will zum zweiten Mal einen Antrag auf Neuwahlen ins Unterhaus einbringen, dürfte dafür aber keine Mehrheit bekommen. Die Oppositionsparteien haben sich schon abgesprochen, diesen Antrag nicht mitzutragen. Den Liberaldemokraten wäre ein zweites Referendum ohnehin wichtiger als eine Neuwahl, wie der stellvertretende Parteichef Ed Davey erklärt:
Ich fürchte, obwohl wir Liberaldemokraten argumentieren, dass die beste Lösung ein Referendum wäre, werden die anderen Parteien nicht mit uns überstimmen. Und insofern werden wir wohl die zweitbeste Lösung haben: Neuwahlen. Aber wir glauben nicht, dass die jetzt sein sollten. Wir müssen erst sicherstellen, dass unser Land vor einem No-Deal geschützt ist.
Ob die Abstimmung über Neuwahlen heute der letzte Akt im Unterhaus sein wird, bevor für die Abgeordneten die Zwangspause beginnt, ist nach wie vor unklar. Sie könnte heute beginnen, muss es aber nicht. Wie sich die nächsten Tage gestalten, ist noch weitgehend offen.