Abstimmung über Sparprogramm Griechenlands Abgeordnete unter Druck
Es ist der vorerst letzte Akt des innenpolitischen Dramas um das Sparpaket: Die Abstimmung im griechischen Parlament soll am Abend beginnen. Das Ja der Abegordneten ist Bedingung für neue Milliarden-Hilfen. Ministerpräsident Papademos sprach von "historischer Verantwortung". Neuer Druck kam auch aus Deutschland.
Lange Verhandlungen und emotionale Appelle der Parteiführer waren vorausgegangen - nun müssen die Abgeordneten in Athen Farbe bekennen: Stimmen sie dem neuen harten Sparpaket zu, machen sie den Weg frei für neue Milliarden-Hilfen der internationalen Geldgeber. Und sie wenden ein weiteres Mal den drohenden Staatsbankrott ab - vorerst zumindest. denn ohne die 130 Milliarden Euro aus dem zweiten Rettungspaket ist das hochverschuldete Euro-Land im März zahlungsunfähig.
Die Abstimmung im griechischen Parlament soll nach bisherigen Informationen kurz vor Mitternacht beginnen. Die Sozialisten und die Konservativen, die die Regierung des parteilosen Finanzexperten Lucas Papademos unterstützen, verfügen über 236 Abgeordnete im 300-köpfigen Parlament.
Protest auf der Straße, Appelle im Parlament
Die Debatte um das Sparprogramm begann bereits am Samstag. In der Nacht hatte das Kabinett nach stundenlanger Sitzung dem neuen Sparprogramm mit Massenentlassungen, Lohnsenkungen und Rentenkürzungen zugestimmt. Begleitet wurden die Beratungen im Parlament von heftigen Protesten auf der Straße: Die Menschen begehrten gegen die geplanten neuen harten Einschnitte auf, ein Generalstreik lähmte den öffentlichen Verkehr.
Ministerpräsident Papademos verteidigte das Sparprogramm mit eindringlichen Worten: Die Alternative sei der katastrophale Bankrott, sagte er in einer Fernsehansprache. Ein Bankrott würde zu unkontrollierbarem Chaos und sozialer Explosion führen. In diesem Falle verlören die Griechen ihre Ersparnisse. Der Staat könnte die Gehälter und Renten nicht mehr bezahlen, auch mit einem Importeinbruch sei zu rechnen.
Er räumte ein: Das Sparprogramm beinhalte Regelungen, die die Griechen selbst "viel früher hätten selbst treffen müssen." Die Maßnahmen seien aber sehr hart und bedeuteten "schmerzhafte Opfergaben für die Griechen".
Auch weitere Parteiführer warben eindringlich um Zustimmung für das Sparpaket: Giorgios Papandreou, Chef der sozialistischen PASOK und Ex-Regierungschef, sprach von einem "Krieg um Griechenland", der jetzt gewonnen werden müsse. Antonio Samaras als Vorsitzender der konservativen Nea Dimokratia (ND) sagte: "Das Land muss weiter existieren und auf eigenen Beinen stehen können."
"Schwieriger als die deutsche Wiedervereinigung"
Wortmeldungen in Sachen Griechenland gab es auch in Deutschland. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verlangt angesichts der Schuldenkrise einen Bewusstseinswandel in der griechischen Gesellschaft. Die Rettung des Landes sei schwieriger als die deutsche Wiedervereinigung, sagte der CDU-Politiker der "Welt am Sonntag". "Weil die Einsicht, dass man etwas ändern muss, und zwar dramatisch, bei vielen in Griechenland noch wachsen muss." Deswegen reichten Deutschland die Versprechen nicht mehr aus. Griechenland dürfe "kein Fass ohne Boden sein", sagte er. "Die Griechen müssen endlich den Boden einziehen. Dann können wir auch etwas reintun." Das Land müsse seine Hausaufgaben machen, um wettbewerbsfähig zu werden. "Jeder ist auch für sich verantwortlich", stellte Schäuble klar.
Außenminister Guido Westerwelle lehnt weitere Vorleistungen an Griechenland ab. "Wenn in Athen die Weichen jetzt nachhaltig richtig gestellt werden, kann Griechenland mit unserer Unterstützung rechnen - aber nur dann. Vorleistungen kann es nicht mehr geben. Jetzt zählen nur noch Taten", sagte der FDP-Politiker im "Spiegel" Es sei das klare Ziel, Griechenland im Euro zu halten, dazu müsse Griechenland die Reformen aber auch umsetzen.
Eine Volksabstimmung über deutsche Hilfen zur Rettung des Euro brachte CSU-Chef Horst Seehofer ins Gespräch. "Bei einer bestimmten Größenordnung von Bürgschaften für Schuldenstaaten sollte das Volk befragt werden", sagte der bayerische Ministerpräsident der "Welt am Sonntag". Volksabstimmungen in Deutschland über Grundfragen Europas seien ein guter Weg, die europäische Idee näher an die Bürger heranzubringen. "Dieses Instrument sollte im Grundgesetz verankert werden."