Regierungskrise in Griechenland Papademos statt Papandreou?
In Griechenland herrscht gespanntes Warten auf die neue Regierung. Als Nachfolger von Ministerpräsident Papandreou wird vor allem der Ex-Vizepräsident der EZB, Papademos, gehandelt. Die Spekulationen beflügelten sogar schon die Märkte - und auch die Griechen zeigen sich vorsichtig optimistisch.
Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Der Tag in Griechenland war voller Spekulationen und Fragen. Wer wird die Übergangsregierung führen? Wer wird dem Kabinett angehören? Welche Parteien machen bei dieser großen Koalition mit? Insgesamt, so stellen Beobachter fest, hat sich die gestern noch sehr eingetrübte Stimmung etwas aufgehellt. Die Märkte reagierten positiv, die Börse in Athen verzeichnete einen leichten Aufwärtstrend.
"Positiver Schritt in die richtige Richtung"
Der Chef der Athener Handelskammer, Constaninos Michalos, spricht von einer steilen Straße, die es zu beschreiten gelte. Er spricht auch von einem positiven Schritt in die richtige Richtung. "Wir brauchten eine Koalitionsregierung. Am Ende des Tages werden wir den Namen des neuen Ministerpräsidenten und die Zusammensetzung seiner Regierung kennen, die sich - hoffentlich - aus Technokraten zusammensetzt. Denn das ist die Hilfe, die wir für Brüssel brauchen, um das neue Abkommen über das Hilfspaket zu ratifizieren."
Vor allem ein Name wurde auf dem politischen Parkett zuletzt immer wieder genannt: Loukas Papademos. 64 Jahre ist er alt, promovierter Wirtschaftswissenschaftler. Er gilt als integer und kompetent. "Herr Papademos ist ein Technokrat", so Michalos weiter. "Er war Chef der griechischen Notenbank und bis vor kurzem Vizepräsident der EZB. Er kennt sich im europäischen Bankensektor und in der EU aus. Er ist die Person, die diese Regierung führen kann. Hoffentlich erfolgreich."
Papademos-Ernennung wahrscheinlich
Wahrscheinlich ist Papademos der Kandidat, auf den sich die Parteichefs Papandreou von der sozialistischen PASOK und Antonis Samaras von der konservativen Nea Dimokratia einigen konnten. Er oder eben ein anderer soll knapp drei Monate lang die Regierungsgeschäfte führen. Wahrscheinlich am 19. Februar soll dann ein neues Parlament gewählt werden. Immerhin, sagen viele Griechen. Es bewege sich doch etwas.
"Ich bin leicht optimistisch", meint beispielsweise der 40-jährige Spyros Blaxos in Athen. "Man kann von diesen Leuten nicht viel erwarten. Aber es scheint so, dass sie jetzt, wo wir in Not sind, etwas tun werden." Optimistisch ist auch Giorgos Zoropoulos. Er meint, von jetzt an gebe es eine Regierung, die die Vorgaben der Europäischen Union umsetzen werde. Und das - im Guten wie im Schlechten – müsse über die Bühne gebracht werden.
Ganz anders reagiert Gianna Margkou. Sie ist 65, hat feuerrot gefärbte Haare und ist offenbar auf die Politik insgesamt stocksauer. "Wir folgen deutschen Befehlen. Das ist doch eine deutsche Regierung, eine Troika-Regierung, nicht unsere. Samaras ist beeinflusst und abgeschleppt worden, und jetzt wird er von Papandreou geschluckt, damit er unterschreibt. Wir sind verloren."
Griechenland braucht eine funktionierende Regierung, um die Auflagen des neuen Rettungspakets ratifizieren zu können. Sämtliche Hilfsgelder wurden vergangene Woche eingefroren und werden erst wieder fließen, wenn die Euro-Länder wieder Vertrauen in die Athener Regierung gefasst haben.