Hintergrund zur GB-Wahl Immer donnerstags und ohne Royals
Die Briten wählen nach strengem Mehrheitswahlrecht - aber was bedeutet das Motto "the winner takes it all" genau? Warum wird in Großbritannien immer donnerstags gewählt? Und darf die Queen trotz Neutralitätspflicht abstimmen? tagesschau.de gibt Antworten.
Wie funktioniert das britische Wahlrecht?
"The winner takes it all": In jedem der 650 Wahlkreise gewinnt der Kandidat, der die meisten Stimmen auf sich vereint, eine absolute Mehrheit ist dabei nicht nötig; die Stimmen für die Verlierer fallen unter den Tisch. Das ist das Prinzip des britischen Mehrheitswahlrechts, auch genannt "first past the post". Dies begünstigt die beiden großen Parteien - die Konservativen und die Labour Party - und benachteiligt die kleineren, etwa die Liberaldemokraten, die Grünen und die Anti-EU-Partei UKIP.
Jeder Wähler kann auf dem Wahlzettel nur ein Kreuz machen - anders als in Deutschland, wo es eine Erststimme für den Direktkandidaten und eine Zweitstimme für die Sitzverteilung gibt. Wahlsieger in Großbritannien ist die Partei, die die meisten Unterhaus-Mandate gewinnt. Erreicht sie mindestens 326 Sitze, hat sie eine absolute Mehrheit. Über die verfügten bislang die Konservativen, die sich "Tories" nennen. Allerdings hatten sie nur etwa ein Dutzend Stimmen mehr als die Oppositionsparteien zusammen - was auf der Insel bereits als knappe Mehrheit gilt.
Jeder Brite darf nur ein Kreuz machen - die Stimmen für die unterlegenen Kandidaten fallen unter den Tisch.
Alle Regionen des Vereinigten Königreichs sind im Parlament vertreten: Die meisten Abgeordneten kommen aus England, gefolgt von Schottland, Wales und Nordirland. Die stärkste Partei stellt den Premierminister: Er - oder sie - wird jedoch nicht vom Parlament gewählt, sondern von der Queen ernannt. Das reine Mehrheitswahlrecht erschwert es, aus den Umfragewerten zu kalkulieren, welche Partei wie viele Unterhaus-Sitze erringen wird. 2011 haben sich die Briten in einem Volksentscheid dagegen ausgesprochen, das Wahlrecht zu ändern.
Warum wählen die Briten immer donnerstags?
Im Grunde weiß niemand so genau, warum die Briten stets am Donnerstag wählen. Es ist einfach zur britischen Tradition geworden, wie so vieles. Seit 1935 wurden jedenfalls alle Unterhaus-Wahlen an einem Donnerstag abgehalten. Gesetzlich festgelegt ist indes nicht, dass der Urnengang an einem bestimmten Wochentag stattfinden muss.
Es gibt verschiedene Theorien, warum es auf den Donnerstag hinausgelaufen ist. Der Freitag galt als ungünstig, weil die Arbeiter da früher ihre Lohntüten erhielten - und den Rest des Tages wohl lieber im Pub verbrachten als im Wahllokal. Am Samstag dann mussten sie mutmaßlich ihren Rausch ausschlafen. Der Sonntag schien ebenfalls unpassend: Den einen, weil sie die Briten nicht vom Kirchgang abhalten wollten - den anderen, weil sie den Einfluss predigender Pfarrer möglichst gering halten wollten.
Und warum also der Donnerstag? Nun, der war vielerorts traditionell der Markttag, an dem die Menschen vom Land in die Stadt kamen - und wo sie schon mal da waren, konnten sie auch gleich noch wählen gehen. Da heute ein normaler Arbeitstag ist, sind die Wahllokale in Großbritannien länger geöffnet als in Deutschland: von 7 bis 22 Uhr (Ortszeit; 8 bis 23 Uhr MESZ). Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel: 1978 fand zuletzt die Nachwahl in einem Wahlkreis an einem Mittwoch statt - weil am Donnerstag danach die Fußball-Weltmeisterschaft startete.
Darf die Queen wählen?
Im Vereinigten Königreich ist die Queen praktisch allgegenwärtig, auf Briefmarken, Geldscheinen, im Fernsehen - nur in der Wahlkabine, da wird man sie garantiert nicht antreffen. Es gibt zwar kein Gesetz, das der Königin die Teilnahme an der Wahl verbietet, trotzdem gehen sie oder die anderen Mitglieder der engeren königlichen Familie nicht wählen, und sie kandidieren auch nicht für politische Mandate. Die Queen ist strikt zur politischen Neutralität verpflichtet, und da gehört dieser Verzicht zu den ungeschriebenen Gesetzen, also Erwartungen an die Monarchin.
Aber wenn eine neue Regierung erstmal gewählt ist, dann kommt die Queen wieder ins Spiel. Die Premierministerin oder der Premierminister erhält einmal wöchentlich eine Audienz hinter verschlossenen Türen, meistens am Mittwoch, am frühen Abend, gegen sechs Uhr.
Obwohl es ihr nicht verboten ist, verzichtet die Queen darauf, selber eine Stimme abzugeben.
Und dann ist da natürlich die Queen’s Speech. Das ist jene Rede, in der einmal jährlich die Pläne der Regierung angekündigt werden. Die Queen spricht im Parlament dann auch von "my government", meiner Regierung. Ob es aber auch eine Regierung nach ihrem Wunsch ist, muss sie dabei zum Glück nicht verraten.