Wie der neue Papst den Vatikan reformiert Die franziskanische Wende
Der Vatikan habe vor allem ein Problem, sagt Franziskus - er kümmere sich zu sehr um sich selbst. Mithilfe eines kleinen Beratergremiums will der Papst das nun ändern. Das Ziel der franziskanischen Wende: Weniger Kurie. Und mehr Weltkirche.
Der Vatikan ist eine Dauerbaustelle. Zuletzt hat man die Westseite des Petersdoms komplett eingerüstet. Die Fassade wird von dem Dreck befreit, der sich hier über die Jahrhunderte angesammelt hat.
Nur ein paar Meter entfernt, im Gästehaus Sancta Martha, hat dieser Tage das sogenannte Kardinalskollegium das erste Mal getagt. Es besteht aus acht Kardinälen, die den Reformstau in der katholischen Kirche auflösen sollen. Papst Franziskus hatte das Beratergremium unmittelbar nach Amtsantritt eingesetzt und für dessen Arbeit Zielvorgaben formuliert. Zum Beispiel in einem Interview mit der Zeitung La Repubblica. Da sagte Franziskus, der Vatikan habe vor allem einen Fehler: Er kümmere sich zu sehr um die Interessen des Vatikan. „Ich werde alles tun, um das zu ändern."
Der Vatikan als Dienstleister
Franziskus also stellt die Rolle des Kirchenstaats infrage. "Das ist der Vorteil des Vatikan: dass man eine Stelle hat, wo die Dinge zusammenlaufen", sagt Pater Bernd Hagenkord von Radio Vatikan. "Das kann man auch stärken. Aber man muss schauen, wie die Weltkirche, die außerhalb Europas bunter und vielfältiger geworden ist, hier vorkommen kann. Das braucht Strukturen und Anlaufstellen."
In der Vergangenheit hat die Kurie, also die kirchliche Zentralverwaltung, immer mehr Kompetenzen an sich gezogen. Das soll sich ändern, die Rede ist von einer Dienstleisterfunktion der römischen Behörden. Der mächtige Kardinalstaatssekretär zum Beispiel soll ein Sekretär des Papstes werden - und nicht, wie in der Vergangenheit immer wieder bemängelt, als eine Art Nebenpapst agieren.
Amtsinhaber Tarcisio Bertone, für viele der Hauptverantwortliche für Pannen im Vatikan, geht Mitte Oktober in den Ruhestand. Sein Nachfolger Pietro Parolin gilt als hoch talentierter Diplomat und Kirchenpolitiker. Wie seine Rolle aussehen wird, das skizziert nun das neue Beratergremium, erklärt Vatikan-Sprecher Federico Lombardi: "So kann der Papst dem nächsten Kardinalstaatssekretär schon eine erste Orientierung geben."
Die Rolle der Laien stärken
Mehr Weltkirche, weniger Zentrale, das soll sich auch in den Beratungen der Bischofssynoden widerspiegeln. Die berieten bislang alle paar Jahre über ein bestimmtes Thema, die Beschlüsse waren unverbindlich und die Beratungen wenig zielorientiert. Franziskus hatte mehrfach gefordert, diese Versammlungen müssten Ausdruck einer kollegialen Führung der Weltkirche werden. Es gehe nicht um einige Anpassungen, sagt Sprecher Lombardi. Vielmehr sollen die Arbeiten des Beratergremiums in eine Art neue Verfassung münden.
Papst Franziskus hat deutlich gemacht, dass er auch inhaltliche Impulse von seinen Beratern erwartet, zum Beispiel, wie man künftig mit Katholiken umgeht, die zum zweiten Mal heiraten. Die sind bisher von der Kommunion ausgeschlossen. Oder: Welche Rolle spielen Laien in der Kirche von morgen? Welche Rolle spielen Pfarrgemeinderäte, Pastoralräte? Auch hier wünscht sich Franziskus eine Stärkung, wie er am Freitag in Assisi bei seinem Besuch deutlich machte.
Papst Franziskus meint es ernst mit der Veränderung seiner Kirche. Bereits im Dezember sollen die acht Kardinäle zu ihrer nächsten Sitzung in Rom zusammenkommen.