Islamistischer Terror in Frankreich Mehr Polizei, mehr Überwachung, bessere Bildung
Nach der Ermordung eines Geschichtslehrers laufen in Frankreich zahlreiche Polizeieinsätze gegen Islamisten aus dem radikalisierten Milieu. Präsident Macron kündigte zudem an, stärker gegen Radikalisierung vorzugehen.
In Frankreich laufen nach der brutalen Ermordung des Geschichtslehrers Samuel Paty zahlreiche Polizeieinsätze gegen Islamisten. Nach Angaben von Justizvertretern waren am Montagnachmittag insgesamt 15 Verdächtige in Gewahrsam, darunter vier Schüler. Die Polizeieinsätze würden auch in den kommenden Tagen fortgesetzt.
Die Islamisten stünden "nicht unbedingt in Verbindung" mit dem Mord an dem Lehrer, sagte Frankreichs Innenminister Gérard Darmanin. Die Einsätze zielten vielmehr darauf ab, "eine Botschaft zu vermitteln: nicht eine Minute Aufschub für die Feinde der Republik". Ermittlerkreisen zufolge soll es sich um Verdächtige handeln, die wegen radikaler Predigten und Hassbotschaften im Netz im Fokus der Geheimdienste stehen.
Im französischen Verteidigungsrat unter Vorsitz von Präsident Emmanuel Macron war am Sonntagabend beschlossen worden, stärker gegen Radikalisierung vorzugehen und auch den Hass im Netz noch stärker in den Blick zu nehmen.
Überwachung von Online-Plattformen
Seit der Ermordung des Lehrers seien zudem rund 80 Beschwerden gegen die Verbreitung von Hass im Internet eröffnet worden, sagte Darmanin. Es handle sich dabei etwa um Nachrichten, die die Tat des 18-Jährigen Angreifers verherrlicht hätten. Darmanin kündigte auch an, in dieser Woche etliche Verbände in den Blick zu nehmen.
Im Verteidigungsrat wurde laut Élyséekreisen außerdem beschlossen, die Überwachung von Online-Plattformen zu intensivieren, um bei Gewaltaufrufen schneller tätig werden zu können. Außerdem sollen radikale Vereinigungen identifiziert und ein geeigneter rechtlicher Rahmen zu deren Auflösung gefunden werden.
Macron will Fernunterricht eingrenzen
Macron hatte bereits Anfang Oktober in einer Rede schärfere Maßnahmen gegen die Radikalisierung angekündigt. Dabei hatte der Staatschef vor allem die Bildung in den Blick genommen - ein entsprechender Gesetzentwurf soll im Dezember vorgelegt werden. Macron kündigte etwa an, dass Fernunterricht von Kindern, die zu Hause bleiben, ab dem kommenden Sommer strikt eingegrenzt werden soll.
Der 47-Jährige Geschichtslehrer Paty hatte zum Thema Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen im Unterricht gezeigt. Daraufhin hatte der Vater einer Schülerin massiv im Netz gegen ihn mobilisiert und auch Daten wie die Adresse der Schule veröffentlicht.
Zehntausende demonstrieren für Meinungsfreiheit
Laut Innenminister Darmanin habe der Vater zudem eine sogenannte Fatwa gegen den Lehrer erlassen. Eine Fatwa ist im Islam eine Rechtsauskunft, um ein religiöses oder rechtliches Problem zu klären. Die Schule und der Lehrer wurden daraufhin bedroht.
Den Ermittlern zufolge hatten zudem "ein oder mehrere Schüler" dem Mörder geholfen, Paty zu finden - "mutmaßlich gegen Bezahlung". Die Ermittler versuchen nun herauszufinden, ob der Täter aus eigenem Entschluss heraus handelte oder ob er "gesteuert" wurde. Der Lehrer, der als engagierter Pädagoge galt, hatte nach Angaben seiner Schule muslimischen Kindern die Möglichkeit gegeben, den Klassenraum zu verlassen, bevor er die Karikaturen zeigte, da er ihre Gefühle nicht verletzen wollte.
Am Freitagvormittag war Paty in einem Vorort von Paris brutal ermordet worden. Daraufhin erschoss die Polizei den Täter mit russisch-tschetschenischen Wurzeln. Kurz nach der Tat hatte dieser im Netz noch damit geprahlt und geschrieben, der Pädagoge habe den Propheten Mohammed herabgesetzt.
Gedenkfeier ohne Präsidentengattin
Macron nannte die Tat einen islamistischen Terrorakt. Zehntausende waren am Sonntag in ganz Frankreich unter dem Motto "Je suis Samuel" (dt. "Ich bin Samuel") oder "Je suis Prof" (dt. "Ich bin Lehrer") auf die Straße gegangen, um für Meinungsfreiheit zu demonstrieren.
Am Mittwoch ist eine nationale Gedenkfeier mit Macron in der Sorbonne-Universität geplant. Seine Ehefrau und frühere Lehrerin, Brigitte Macron, wird allerdings nicht daran teilnehmen. Die "Première Dame" hatte Kontakt zu einem Corona-Infizierten und befindet sich nach Medieninformationen in Quarantäne.