Italienisch-französisches Gipfeltreffen in Rom Viel Gemeinsamkeit, aber wenig Konkretes
Nach ihrem Streit über den Umgang mit Flüchtlingen aus Nordafrika wollen Frankreich und Italien nun, dass das Schengen-Abkommen geändert wird. Die EU erklärte aber, dass ein Aussetzen des Vertrags über die Reisefreiheit vollkommen ausgeschlossen sei.
Von Jan-Christoph Kitzler, ARD-Hörfunkstudio Rom
Viel Gemeinsamkeit, aber wenig Konkretes - das ist das Signal dieses Gipfeltreffens. Aber Frankreich und Italien wollen gemeinsam marschieren, das haben Nicolas Sarkozy und Silvio Berlusconi betont - ebenso wie die italienisch-französische Freundschaft. Vor allem die Flüchtlingsfrage hatte zuvor für erhebliche Spannungen gesorgt. Nun verlangen beide Länder in einem Brief an den EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barosso mehr Unterstützung von Europa. Außerdem soll die europäische Grenzschutz-Agentur Frontex besser ausgestattet werden.
Wenig Konkretes in der Schengen-Frage
Wenig Konkretes aber auch in der Frage des Schengen-Abkommens, das die Reisefreiheit ohne Grenzkontrollen in Europa regelt. Frankreichs Regierung hatte in den vergangenen Tage laut darüber nachgedacht, das Abkommen zeitweilig auszusetzen, davon konnte beim Gipfel in Rom keine Rede mehr sein, dafür aber vage von Reformen. Und so klingt das bei Italiens Regierungs-Chef Berlusconi: "Wir haben über Schengen gesprochen. Niemand will Schengen abschaffen. Aber wir beide glauben, dass angesichts der besonderen Umstände der Vertrag verändert werden muss." In dieser Frage wolle man zusammenarbeiten.
Doch wie eine solche Schengen-Reform aussehen soll, das blieb auch auf Nachfrage unklar. Auch bei Sarkozy: "Wir wollen, dass Schengen überlebt." Daher müsse das Abkommen reformiert werden. "Wir wollten mit dem Euro eine gemeinsame Währung und wir haben die Wirtschaftspolitik Europas reformiert. Wir wollen dasselbe für Schengen", erklärte er weiter.
Das konkrete Problem an der italienisch-französischen Grenze ist damit aber noch nicht gelöst. In der ligurischen Stadt Ventimiglia kommen immer noch viele Flüchtlinge vor allem aus Tunesien an, die sich aus Süditalien bis dorthin durchgeschlagen haben und nun versuchen, über die Grenze zu kommen. Die französischen Behörden geben sich aber bei diesen nicht mit der befristeten Aufenthaltsgenehmigung zufrieden, die Italien ihnen ausgestellt hat und die eigentlich zur Weiterreise im gesamten Schengen-Raum berechtigen. Frankreich fordert zusätzlich den Nachweis, dass die Flüchtlinge auch ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Das Land hatte zeitweilig sogar den Bahnverkehr über die Grenze gestoppt.
"Südeuropäische Länder nicht alleine lassen"
Unklar ist, wie es weitergehen soll und so blieb es in der Flüchtlingsfrage bei diesem Gipfel nur bei einem gemeinsamen, wenig konkreten Appell, den Berlusconi formulierte: "Die südeuropäischen Länder dürfen nicht allein gelassen werden, wenn es massenhafte Immigration gibt. Es muss da eine absolute Solidarität aller 27-EU-Länder geben."
Die Flüchtlingsfrage war aber nicht das einzige Thema diese Gipfels. Zwischen Italien und Frankreich hatte es auch Verstimmungen gegeben, weil französische Unternehmen in großem Stil in Italien expandieren. Der römische Schmuckhersteller Bulgari ist schon von einem französischen Konzern übernommen worden. Beim italienischen Lebensmittel-Riesen Parmalat steht das offenbar unmittelbar bevor. Beide Politiker versuchten den Ball flach zu halten: Berlusconi, in dem er sich für eine freie Wirtschaft aussprach, und Sarkozy mit der Vision von italienisch-französischen Joint Ventures.
Seit an Seit gegen Gaddafi
Am wenigsten Diskussionsbedarf gab es hinsichtlich der Brennpunkte in der Arabischen Welt. Die syrische Regierung forderten beide gemeinsam auf, endlich die Reformen umzusetzen, die versprochen worden sind. Und im Hinblick auf Libyen sieht man sich ohnehin Seit an Seit im Kampf gegen das Gaddafi-Regime. Auch wenn Berlusconi mit Libyens Diktator vor gut einem halben Jahr den Freundschaftsvertrag zwischen Italien und eben diesem Regime gefeiert hatte.
Schon vor dem Gipfeltreffen hatte es versöhnliche Zeichen gegeben. Auch Italiens Entscheidung, sich an den Luftangriffen in Libyen zu beteiligen kann mit der italo-französischen Brille als freundliches Signal gewertet werden. Schließlich hatte Frankreich, wie auch die USA und Großbritannien ein stärkeres Engagement der NATO-Partner gefordert. Dem kommt Italien nun nach.
Frankreich will, quasi als Versöhnungszeichen, nun Mario Draghi, den Chef der Italienischen Zentralbank unterstützen - er soll Präsident der Europäischen Zentralbank werden. Das war schon vor dem Gipfel durchgesickert und Sarkozy bestätigte dies nun.