Stationierung der EU-Truppe ausgesetzt EU hilflos angesichts der Eskalation im Tschad
Eigentlich sollen 3700 Soldaten aus Europa Flüchtlinge im Tschad schützen. Doch wegen der Kämpfe zwischen Rebellen und Regierungstruppen setzte die EU die Verlegung der Schutztruppe aus. Damit, so wird in Brüssel gemutmaßt, hätten die Provokateure im Tschad genau das erreicht, was sie wollten.
Von Christopher Plass, hr-Hörfunkstudio Brüssel
Dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana war ein Hinweis besonders wichtig. "Mit dieser Operation versuchen wir, Menschen zu beschützen, die vertrieben sind und in Lagern leben. Man kann sich jetzt besonders gut vorstellen, wie wichtig diese Operation tatsächlich ist." Gleichzeitig wollen die Europäer nicht das Risiko eingehen, angesichts der Eskalation im Tschad auch in Kampfhandlungen verwickelt zu werden. Die EU-Außenminister hatten die Mission mit bis zu 3700 Soldaten erst vor einer Woche gebilligt, doch die Verlegung von Truppen wurde jetzt zunächst einmal ausgesetzt, bevor sie richtig begann.
Die EU-Soldaten sollen nach dem Mandat im Osten des Landes für Sicherheit sorgen, an der Grenze zur sudanesischen Krisenregion Darfur, auch in angrenzenden Regionen der Zentralafrikanischen Republik. Die aktuellen Kämpfe der Rebellen und der Armee des Tschad konzentrieren sich vor allem auf die im Westen des Landes gelegene Hauptstadt N’Djamena.
"Wir wollen sehen, wie sich die Lage vor Ort klärt"
Aber die EU will dennoch kein Risiko eingehen, betont auch Solana: "Wir werden die Verlegung erst mal nicht weiter fortsetzen. Wir wollen sehen, wie sich die Lage vor Ort klärt – auch politisch klärt." Die EU wolle die Operation aber fortsetzen, versichert Solana. "Ich finde, die Ereignisse zeigen, wie wichtig die Operation ist. Nicht nur für den Tschad, sondern auch für den Sudan."
Zieht der Sudan im Hintergrund die Strippen?
In diplomatischen Kreisen in Brüssel geht man davon aus, dass der Ausbruch von Kämpfen jetzt nicht zufällig ist. Die Rebellen, die das Regime im Tschad bedrohen, seien vom Sudan aus angestiftet. Damit wolle Khartum auch die Stationierung der EU-Truppe im Grenzgebiet zwischen Tschad und Sudan torpedieren. Das ist für den Moment auch gelungen.
Die im so genannten Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee (PSK) der EU versammelten EU-Botschafter werden zwar morgen wieder die Lage beraten, aber viel manövrieren können sie derzeit nicht. Das hat auch damit zu tun, dass die EU im aktuellen Konflikt nicht in einen falschen Verdacht geraten möchte.
EU-Mission kämpft gegen den Verdacht der Parteilichkeit
Immer und immer wieder musste betont werden, dass die Mission "neutral" sei. Dieser Hinweis gilt als wichtig, weil Frankreich die EU-Truppe zahlenmäßig klar dominiert – und im Tschad ganz eigene Interessen hat, zum Beispiel Rohstoff-Interessen, und den amtierenden Präsidenten Idriss Deby stützen möchte.
Auch dem kommandierenden irischen General Pat Nash war es daher letzte Woche wichtig, die Unabhängigkeit der Mission herauszustellen: "Unsere Aufgabe ist es, Vertriebene oder Flüchtlinge aus anderen Ländern zu schützen. Wir haben nicht vor, uns in die interne Politik des Tschad oder der Zentralafrikanischen Republik einzumischen." Nash betonte auch, dass die EU-Truppe sich mit Waffengewalt wehren werde, wenn sie selbst oder Flüchtlingslager angegriffen würden. Aber zwischen die Fronten soll die Mission auch nicht geraten.
Amnesty International warnt jetzt, dass ohne Anwesenheit der EU-Truppe die Flüchtlinge jetzt besonders schutzlos seien. Kaum hat sie begonnen, steht die Eufor-Mission schon unter einem schlechten Stern. Ein Stiefkind der EU-Außenpolitik ist sie ohnehin. Sie kommt viel später als geplant. Viele Länder zögerten, Soldaten zu entsenden. Deutschland schickt keine Soldaten in die Region, beteiligt sich aber maßgeblich an der Finanzierung. Die Mission wird den Verdacht nicht los, Spielball französischer Interessen zu sein.