Durchbruch in Brüssel EU gibt Startschuss für neues Abkommen mit Russland
Nach monatelangem Streit haben sich die EU-Staaten darauf geeinigt, über engere Beziehungen mit Russland verhandeln zu wollen. Bereits im Juni können die Gespräche über ein neues Grundsatzabkommen beginnen. Dieses war bislang von Polen und Litauen blockiert worden.
Nach eineinhalb Jahren Stillstand in den europäisch-russischen Beziehungen hat die EU die Aufnahme von Verhandlungen über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Moskau beschlossen. Die Außenminister der 27 EU-Staaten verabschiedeten in Brüssel ein Mandat für die Verhandlungen, die noch vor dem nächsten EU-Russland-Gipfel im Juni beginnen sollen.
Vorbehalte Polens und Litauens ausgeräumt
Die Einigung in der EU war möglich geworden, nachdem Polen und Litauen ihre Vorbehalte dagegen aufgegeben hatten. Zwischen Polen und Russland musste ein Streit um das russische Importverbot für polnisches Fleisch gelöst werden.
Litauen bestand darauf, dass die EU in den Verhandlungen die Konflikte Moskaus mit Georgien und Moldawien ebenso anspricht wie den Stopp der russischen Öllieferungen nach Litauen. Das Verhandlungsmandat wurde deshalb um einen Anhang zu den geopolitischen Konflikten im Kaukasus ergänzt. Nach Angaben von EU-Diplomaten heißt es in dem Papier, dass eine Lösung etwa der Konflikte zwischen Russland und Georgien "in allen Kontakten mit Russland ein Thema sein" müsse. Ein Abschluss der Verhandlungen werde aber nicht von einer Lösung dieser Konflikte abhängig gemacht.
"Ein Kompromiss von allen"
Sloweniens Außenminister und derzeitiger EU-Ratsvorsitzender Dimitri Rupel zeigte sich erleichtert darüber, dass Litauen seinen Widerstand am Ende aufgab und damit den Weg für das Abkommen freimachte: "Dies ist ein Kompromiss von allen. Alle haben verstanden, dass dieses Verhandlungsmandat wichtig ist", sagte er.
Einfach aber werden die Gespräche mit Moskau wohl nicht: "Die Verhandlungen sind kompliziert und werden einige Zeit dauern", sagte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. Russland seinerseits hofft auf konstruktive Verhandlungen: "Wir rechnen damit, dass die Gespräche in nächster Zeit beginnen und sachlich und ernsthaft über die Bühne gehen", sagte Vizeaußenminister Alexander Gruschko.
Energieversorgung - ein wichtiger Punkt
Das neue Abkommen soll einen 1997 in Kraft getretenen Vertrag ablösen. Die Sicherheit der Energieversorgung ist für die EU ein wichtiger Punkt in dem neuen Dokument. Auch Deutschland verspricht sich mehr Zuverlässigkeit bei russischen Öl- und Gaslieferungen: Man habe "ein deutliches, ein nachhaltiges Interesse" daran, dass der alte Vertrag jetzt ergänzt werde, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
Desweiteren soll das Abkommen Vereinbarungen zu Handels- und Wirtschaftsbeziehungen umfassen sowie zu Menschenrechten und der politischen Zusammenarbeit. Russland strebt einen besseren Marktzugang nach Europa an, Visa-freies Reisen und eine engere Zusammenarbeit in Wissenschaft und Bildung.