Wahlpronose in der Slowakei Liberale Fortschrittspartei wohl stärkste Kraft
Überraschung bei den Parlamentswahlen in der Slowakei: Die liberale Partei Fortschrittliche Slowakei geht Prognosen zufolge als stärkste Kraft aus dem Votum hervor. Die Partei Smer-SSD des Linkspopulisten Fico landete nur auf Platz zwei.
Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in der Slowakei zeichnet sich wie erwartet ein enges Rennen ab. Nachwahlbefragungen am späten Samstagabend zeigten einen leichten Vorsprung für die liberale Partei Progressive Slowakei (PS) von EU-Vizeparlamentspräsident Michal Simecka. Sie erreichte laut TV Markiza 23,5 Prozent und RTVS zufolge knapp 20 Prozent. Bisher war die PS noch nicht einmal im Parlament vertreten.
Die Smer-Partei von Ex-Ministerpräsident Robert Fico, die vor der Wahl Umfragen zufolge leicht vorne lag, erreichte demnach laut TV Markiza 21,9 und RTVS zufolge 19,1 Prozent. Die Ergebnisse dürften bis Sonntagmorgen feststehen.
Regierungsbildung könnte schwierig werden
Angesichts des voraussichtlichen Ergebnisses dürfte eine Regierungsbildung schwierig werden. Simecka wäre auf Koalitionspartner angewiesen, um eine Mehrheit im 150 Sitze umfassenden Parlament in Bratislava zu erreichen.
Zünglein an der Waage dürften nun die von der Fico-Partei abgespaltenen liberaleren Sozialdemokraten unter Ex-Ministerpräsident Peter Pellegrini werden. Diese Partei mit dem Namen "Stimme - Sozialdemokratie" (Hlas-SD) könnte der PS gemeinsam mit bürgerlichen Kleinparteien zu einer bequemen Mehrheit verhelfen - oder diese verhindern.
Die Wahl galt als richtungsweisend für die Demokratie in dem Land und dessen Positionierung zu Russland und der EU. So war es fraglich, ob der EU- und NATO-Mitgliedstaat seine bisherige militärische Hilfe für die Ukraine im Kampf gegen Russland unvermindert fortsetzt. Die Slowakei hat unter anderem MiG-Kampfjets an Kiew geliefert. Smer-SD-Chef Fico hatte angekündigt, die Militärhilfe für die Ukraine einstellen zu wollen.
Fico trat nach Journalisten-Mord zurück
Fico war bereits von 2006 bis 2010 und von 2012 bis 2018 slowakischer Regierungschef. 2018 musste er nach der Ermordung des Journalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter zurücktreten. Kuciak hatte zu Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und Ficos Regierungspartei recherchiert. In den Jahren danach kehrte jedoch in der slowakischen Politik keine Ruhe ein, seit 2018 gab es insgesamt vier Ministerpräsidenten.
Nach dem Zusammenbruch der Mitte-Rechts-Regierung ist seit Mai eine Übergangsregierung aus Technokraten und Beamten im Amt.
Die Slowakei war während des Wahlkampfs von einer Flut von Falschinformationen überschwemmt worden. Rund 4,4 Millionen Bürger waren aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Die am Samstagmorgen begonnene Wahl ging am Abend erst mit Verspätung zu Ende. Statt wie vorgesehen um 22 Uhr schlossen die letzten Wahllokale erst um eine Dreiviertelstunde später. Grund dafür waren Probleme in einzelnen Wahllokalen, in denen Wahlkommissionsmitglieder gesundheitliche Probleme hatten. Laut Gesetz müssen Unterbrechungen der Stimmabgabe durch entsprechende Verlängerung der Wahlzeit ausgeglichen werden.