Kinderhilfswerk UNICEF Immer mehr Kinder sterben bei Flucht übers Mittelmeer
Fast 300 Kinder und Jugendliche sind laut UN-Angaben in diesem Jahr bei der Flucht über das Mittelmeer gestorben. Das sind doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum - und die Dunkelziffer ist hoch.
In der ersten Jahreshälfte sind auf den Flüchtlingsrouten über das Mittelmeer nach UN-Angaben 289 Minderjährige ums Leben gekommen. Das seien fast doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum 2022, teilte das UN-Kinderhilfswerk UNICEF mit. Von Januar bis Ende Juni 2022 sind mindestens 150 Minderjährige auf diesen Fluchtrouten umgekommen.
"Gejagt von Konflikten und Klimawandel setzen immer mehr Kinder ihr Leben aufs Spiel, indem sie sich auf die gefährliche Route über das Mittelmeer nach Europa begeben", sagte Verena Knaus, beim UNICEF zuständig für Migration und Vertreibung. Die Organisation geht davon aus, dass die wahren Zahlen höher sind. Viele Boote sinken ohne Überlebende. Der Tod der Insassen werde deshalb nie registriert.
UNICEF verwendet die Bezeichnung "Kinder" für alle Minderjährigen. Eine Unterscheidung in Kinder und Jugendliche gibt es nicht. In Deutschland sind 13-Jährige noch Kinder, von 14 bis zum 18. Geburtstag spricht man von Jugendlichen.
Deutlich mehr Minderjährige unter Flüchtenden
UNICEF schätzt, dass unter den Flüchtenden auf den Mittelmeerrouten in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 11.600 Minderjährige waren, ebenfalls fast doppelt so viele wie im vergangenen Jahr. Viele von ihnen seien ohne Eltern unterwegs.
Zudem wurden rund 3300 Flüchtlingskinder, die in den ersten drei Monaten dieses Jahres über das zentrale Mittelmeer reisten, laut UNICEF-Angaben als unbegleitet oder von ihren Begleitern getrennt registriert. Diese Zahl sei dreimal so hoch wie im Vorjahreszeitraum.
Knaus kritisierte, dass zu wenig für die Rettung von Migranten getan werde. "Hunderte Mädchen und Jungen sterben während dieser Untätigkeit", sagte sie. UNICEF fordere daher erweiterte sichere, legale und zugängliche Wege für Kinder, die Schutz in Europa suchen.
Das Mittelmeer gilt als eine der gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. Es gibt keine staatlich organisierte Seenotrettung, lediglich private Initiativen halten nach Geflüchteten in Not Ausschau. Laut der internationalen Organisation für Migration (IOM) sind in diesem Jahr bislang mindestens 1895 Menschen bei der Überquerung gestorben oder verschwunden.