Erdogans Finanzminister Simsek Alter Bekannter mit schwieriger Mission
Mehmet Simsek wird Finanzminister in der neuen Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Hauptaufgabe dürfte der Kampf gegen die hohe Inflation sein. Doch genau da bahnt sich ein Konflikt mit Erdogan an.
Mehmet Simsek ist so etwas wie ein Wiedergänger, besser gesagt ein Rückkehrer in die Politik. Bis Sommer 2018 war er in der türkischen Regierung erst Wirtschafts-, dann Finanzminister, zuletzt sogar stellvertretender Regierungschef. Einer, der Präsident Erdogan auch mal widerspricht.
Jetzt, nach fünf Jahren Unterbrechung, ist Mehmet Simsek wieder dabei. Darüber freut sich der Sprecher von Erdogans Regierungspartei AKP, Ömer Celik: "Mehmet ist ein vertrauter, wertvoller Freund aus der Mitte unserer Partei. Wir haben in der Regierung und im Parlament zusammengearbeitet. Er möchte nun seinen Beitrag leisten."
Simsek stammt aus einfachen Verhältnissen
Sein Beitrag in der Regierung könnte ein wichtiger sein. Denn die türkische Staatskasse ist leer, die Inflation ist hoch. Und Simsek versteht etwas von Finanz- und Wirtschaftspolitik. Er selbst wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, kam 1967 als jüngstes von neun Kindern kurdischer Kleinbauern im Südosten der Türkei zur Welt. Seine erste Sprache war Kurdisch. Türkisch lernte er erst in der Grundschule.
Zur weiterführenden Schule musste der junge Mehmet später laufen, zwölf Kilometer weit, Tag für Tag. Er studierte Wirtschaft in Ankara, mit Anfang 20 dann Finanzwirtschaft in England. Später machte er Karriere als Investmentbanker, nahm neben der türkischen die britische Staatsangehörigkeit an.
Simsek scheint besonders geeignet für seine erneute Berufung in die türkische Regierung. Aber nicht jeder ist begeistert. Der Börsenanalyst Tunc Satiroglu etwa mäkelt: "Ja, Mehmet Simsek hat einen guten Ruf und ja, er ist ein erfahrener Ökonom, spricht sehr gut Englisch. Alles schön und gut. Aber gibt es innerhalb der Regierungspartei AKP sonst niemanden, der etwas von Wirtschaftsmanagement versteht?"
Kritiker beklagen Symbolpolitik
Satiroglu meint, Simsek werde sozusagen ins Schaufenster gestellt, damit das Vertrauen auf den Finanzmärkten wächst. Doch der hat offenbar mehr vor, als nur Staffage zu sein. Nach seiner Ernennung wird er konkret: "Die Türkei muss zu einer rationalen Grundlage zurückkehren. Der Schlüssel zum gewünschten Wohlstand ist eine regelbasierte, berechenbare türkische Wirtschaft", sagt Simsek.
"Regelbasiert" und "rationale Grundlage" dürften auch als Abkehr von der Niedrigzinspolitik zu verstehen sein. Präsident Erdogan vertritt sie seit Jahren. Sein neuer Finanzminister Simsek spricht nun von strikter Haushaltsdisziplin und dem Ziel einer einstelligen Inflationsrate. Analyst Satiroglu sagt allerdings schon vor Simseks Berufung dessen Scheitern voraus, weil ihm die Hände gebunden seien. "Man wird ihm kaum erlauben, zur orthodoxen Wirtschaftslehre zurückzukehren und den Leitzins anzuheben, zunächst auf marktübliche 30 Prozent - und dann weiter hoch wegen der Inflation."
"Marktüblich", weil nur der Leitzins der türkischen Zentralbank mit derzeit 8,5 Prozent niedrig ist. Tatsächlich verlangen Geschäftsbanken viel mehr - wenn man überhaupt einen Kredit bekommt. Im Übrigen, findet Satiroglu, ließen sich die Probleme der Wirtschaft nicht allein durch einen höheren Leitzinssatz lösen. Aber das wird Mehmet Simsek auch wissen.