Nahost-Krieg Türkei schränkt Exporte nach Israel ein
Die Türkei will bis zu einer Waffenruhe im Gazastreifen den Export von Produkten nach Israel beschränken. Die Maßnahme tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft - und könnte die bereits schwache türkische Wirtschaft weiter schädigen.
“Mörder Israel, Kollaborateur AKP", rufen überwiegend junge Leute vor wenigen Tagen in Istanbul. Sie haben sich in der großen Fußgängerzone im Zentrum der Stadt versammelt. Die Polizei nimmt 43 von ihnen fest, bis auf fünf kommen sie kurz darauf wieder frei.
Fast schon symbolisch steht diese Szene für den Druck auf die Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan, ihren Worten endlich Taten folgen zu lassen, zum Beispiel: Exporte nach Israel zu stoppen.
Erdogan selbst lässt keine Gelegenheit aus, sich als Freund des palästinensischen Volks darzustellen. Die terroristische Hamas bezeichnet er wenige Wochen nach deren Überfall auf Israelis im Oktober als Befreiungsorganisation. Die Beziehungen zu Israel erreichten einen neuen Tiefpunkt.
Regierungsmitglieder offenbar an Israel-Geschäften beteiligt
Doch immer wieder gab es bis zuletzt Berichte, dass regierungsnahe Firmen, teils sogar Politiker des Koalitionspartners der AKP, der rechtsextremen ultranationalistischen MHP, weiter Geschäfte mit Israel machten. Zugleich arbeitete die Regierung an Hilfen für die Menschen in Gaza. Mit Frachtflugzeugen sollten nun Hilfsgüter eingeflogen werden.
Israel lehnte das ab, sagt Außenminister Hakan Fidan. Also werde die Türkei reagieren. Verklausuliert kündigt Fidan schon einen Tag vor der offiziellen Bekanntgabe den Exportstopp an: "Als Reaktion auf diese Situation haben wir beschlossen, eine Reihe von neuen Maßnahmen gegen Israel zu ergreifen."
Diese Maßnahmen würden schrittweise und unverzüglich umgesetzt und von den verantwortlichen Stellen öffentlich bekannt gegeben, so Fidan. "Sie werden so lange in Kraft bleiben, bis Israel einen Waffenstillstand erklärt und den ungehinderten Zugang von humanitärer Hilfe nach Gaza ermöglicht."
Erdogan kündigt weitere Hilfslieferungen an
Insgesamt, so Präsident Erdogan, sind auf anderen Wegen schon mehr als 45.000 Tonnen Hilfsgüter aus der Türkei in den Gazastreifen gelangt. Das zeige, sagt Erdogan in seiner Botschaft zum Beginn des Zuckerfestes, dass die Türkei an der Seite der Palästinenser stehe - und weiter: "So Gott will, werden wir unsere Unterstützung fortsetzen, bis das Blutvergießen in Gaza aufhört und unsere palästinensischen Brüder und Schwestern einen freien palästinensischen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt auf der Grundlage der Grenzen von 1967 wiedererlangen."
Vorerst allerdings kommt der Export türkischer Waren nach Israel zu großen Teilen zum Erliegen. Betroffen sind vor allem Produkte für die Bauindustrie und Flugzeugtreibstoff. Ob und wie sehr sich die Türkei damit wirtschaftlich selbst schadet, ist noch nicht abzusehen. Auf der Liste der Empfängerländer von Exporten aus der Türkei stand Israel zuletzt nur auf Platz 15.
Türkische Wirtschaft könnte Schaden nehmen
Allerdings hat Israel Gegenmaßnahmen angekündigt, die die Türkei stark treffen könnten. Außenminister Katz sagte, sein Land werde daran arbeiten, dass pro-israelische Länder nicht mehr in der Türkei investieren und keine Waren mehr aus der Türkei einführen.
Die Finanzmärkte haben jedenfalls sofort reagiert: Der Wechselkurs der türkischen Lira war im Vergleich zu Euro und Dollar zuletzt stabil. Heute fiel er zeitweise auf den niedrigsten Wert seit fast drei Wochen.