Tschechien Bierpreise hoch, Stimmung runter
Tschechiens Regierung hat im Zuge eines Sparpakets die Bierpreise angehoben. Das aber ist im Land mit dem höchsten Bierkonsum pro Kopf in Europa noch keiner Regierung gut bekommen.
In tschechischen Kneipen sind steigende Preise schon länger ein großes Thema. Vieles ist in Polen günstiger und inzwischen auch in Deutschland. Die Inflation in Tschechien ist noch immer die höchste in der EU.
Aber jetzt wird besonders laut geschimpft, denn es geht um das tschechische Nationalgetränk. In einer Prager Kneipe beschwert sich ein Gast über die Erhöhung des Bierpreises. Die Regierung wolle einfach nicht, dass sich die Tschechen "in Kneipen treffen und Spaß haben", glaubt er - und sagt voraus, dass jede Regierung, die die Bierpreise erhöht, stürzen werde.
Umsätze gehen deutlich zurück
Vor allem in größeren tschechischen Städten ist das Bier seit Anfang Januar noch teurer geworden. Im Schnitt kostet der halbe Liter oft umgerechnet 20 Cent mehr. Dieses Mal nicht wegen der hohen Energiepreise, sondern wegen der Regierung. Die hat den Mehrwertsteuersatz auf Schankbier angehoben, von zehn auf 21 Prozent.
Einige Wirte verzichten noch darauf, das Bier teurer zu verkaufen und rechnen mit weniger Gewinn. Die meisten aber ziehen mit - und stellen fest, dass es darauf ein "echt schlechtes Feedback" gibt, wie eine Wirtin berichtet. Ihr Umsatz sei daraufhin um etwa 20 Prozent eingebrochen.
Nicht nur die Tschechen lieben ihr Bier - das Land exportiert auch immer mehr. 2022 waren es 5,3 Millionen Hektoliter. Damit liegt Tschechien auf Platz vier in Europa.
Die Verschuldung soll abgebaut werden
Der höhere Bierpreis ist Folge eines großen Sparpakets. Die konservativ-liberale Koalition will die Rekordverschuldung des tschechischen Staates zurückfahren, fünf sehr unterschiedliche Parteien mussten sich einigen.
Nun sind einige Subventionen gestrichen und Steuern erhöht - für Unternehmen, aber zum Teil auch auf Lebensmittel oder Zigaretten. Auch Autofahrer müssen seit Januar deutlich tiefer in die Tasche greifen: für Autobahnvignetten oder Bußgelder.
Hitzig debattiert wird aber vor allem übers Bier. Die Brauerei- und Kneipen-Lobby ist laut. Lubos Kastner vom Verband kleiner und mittelständischer Unternehmen, selbst Kneipenbesitzer, fehlt zurzeit in kaum einer Talkshow. Dort spricht er dann, welche Rolle Bier für die Bekannt des Landes insgesamt spiele.
Bier habe Tschechien bekannt gemacht, und der Überlieferung nach sei das tschechische Dorf um die Kneipe herum entstanden, erst dann seien eine Kirche und Häuser dazugekommen. Und er verweist auf die soziale Funktion der Kneipe in Tschechien - "sie stärkt unseren Zusammenhalt und unterscheidet uns vom Rest der Welt".
Eine Bedrohung des kulturellen Reichtums?
Vor kurzem ist die Saazer Hopfenlandschaft in Tschechien zum Weltkulturerbe ernannt worden. Doch ausgerechnet jetzt bedrohe die Regierung den kulturellen Reichtum des Landes, findet auch der Bierforscher Tomas Maier von der Technischen Universität in Prag - durch den bisher höchsten Anstieg des Bierpreises. Das sei vor allem für viele Dörfer "fatal", denn die Preiserhöhung dürfte für viele Kneipen ein weiterer "Sargnagel" sein, meint er.
Vor zehn Jahren wurden in Tschechien noch 20.000 Kneipen gezählt, zurzeit sind es nur noch halb so viele. Der Bierkonsum insgesamt ist bisher noch nicht gesunken, aber in den Kneipen wird immer weniger Bier getrunken.
In denen, die noch nicht schließen mussten, wird laut über die Regierung geschimpft. In Umfragen sind nur noch 17 Prozent der Tschechinnen und Tschechen mit ihrer Mitte-Rechts-Koalition zufrieden. Das liegt noch unter dem Wert, den in Deutschland die Ampel einfährt - hier sind 19 der Deutschen zufrieden mit der Arbeit der Koalition.
In den Kneipen geht der Bierkonsum zurück - die Tschechen suchen sich andere Orte, um das Nationalgetränk zu genießen.
Die Stunde der Populisten
Ex-Premier Andrej Babis beschimpft die tschechische Koalition als "asozial und verlogen", die Regierung sei "die schlimmste, die wir in Tschechien je hatten. Sie macht alles teurer. Natürlich auch das Bier."
Seine zunehmend populistische Partei legt in der Wählergunst zu. Die Europawahl könnte sie haushoch gewinnen.
Die tschechische Regierung hat, wie auch die deutsche, noch zwei Jahre, um das Rad zu drehen. Und vielleicht hilft ihr dabei ausgerechnet die tschechische Kneipenkultur. Denn hier wird der Dampf abgelassen, selten auf der Straße.
In Tschechien, sagt ein Kneipenbesucher, "motzen die Leute ganz viel beim Bier. Aber dann wird das wieder vergessen. Und Bier werden sie immer trinken."