Britischer Premier Starmer in Berlin "Vertrauen und Freundschaft wiederbeleben"
Großbritanniens Premier Starmer ist zum Antrittsbesuch in Berlin. Er trifft Kanzler Scholz und Bundespräsident Steinmeier. Dabei geht es auch darum, nach schwierigen Jahren wieder zueinander zu finden
Deutschland kommt nicht oft vor in den britischen Medien. Doch in den vergangenen Tagen war es anders. Die BBC berichtete groß über die Messerattacke von Solingen: Großbritannien erlebte erst kürzlich einen ähnlichen Angriff, in Southport stach ein Mann auf Kinder und Betreuer ein, drei Mädchen starben.
Es folgten Ausschreitungen in mehreren Städten in England. Seitdem wird in Großbritannien die Debatte um Zuwanderung, Integration und Migrationspolitik auch deutlich heftiger geführt als zuvor.
Was der neue britische Premierminister Keir Starmer in Berlin besprechen möchte, ist den Medien nur sehr grob skizziert worden. "Bilaterale und außenpolitische Themen" hieß es im Vorfeld, "europa- und wirtschaftspolitische Fragen". Aber es ist sehr gut möglich, dass auch die Asylpolitik, die Migration, der Umgang mit Hass, die gesellschaftliche Spaltung wichtige Themen sind.
Starmer und Scholz - zwei, die sich mögen
Starmer spricht am Vormittag mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, später empfängt Olaf Scholz den Labour-Politiker mit militärischen Ehren. Es gibt nicht mehr viele sozialdemokratische Regierungschefs in Europa, hier treffen sich zwei, die sich – wie es heißt – sehr gut verstehen und irgendwie auch ähnlich sind.
Getroffen haben sich Starmer und Scholz bereits. Im Blenheim Palace, beim Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft. Dort kündigte Starmer an, das Verhältnis zu den europäischen Partnern neu zu definieren: "Die gemeinsamen Interessen sollen wieder entdeckt, Vertrauen und Freundschaft wiederbelebt werden."
In Berlin könnte die geplante Wehrkooperation angesprochen werden, eine Zusammenarbeit im Bereich Rüstung und Verteidigung zwischen den beiden Staaten. Dazu wird gerade ein Abkommen verhandelt. Die Nordostflanke der NATO soll gestärkt werden, beide Länder nutzen den Radpanzer Boxer. Beide Staaten unterstützen die Ukraine massiv.
Für Deutschland ist aber auch nach wie vor das Thema Schüleraustausch und Studieren in Großbritannien von Bedeutung. Nach dem Brexit ist es für junge Menschen komplizierter und vor allem teurer geworden, nach England zu reisen, um zu lernen.
Starmer innenpolitisch unter Druck
Nach Berlin reist ein britischer Premier, der innenpolitisch massiv unter Druck steht. Es fehlt das Geld für dringend nötige Reformen im Gesundheitswesen, für Investitionen in die Infrastruktur und die Bildung. Gestern deutete er an, dass es zu Steuererhöhungen kommen könnte - allerdings nicht bei der Einkommenssteuer.
Es stünde "schlecht um die Staatsfinanzen", die konservative Regierung habe ihm ein "riesiges Defizit" hinterlassen. 26 Milliarden Euro größer als bislang angenommen. Außenpolitisch ist die Lage für Starmer einfacher. Hier etwas zu glänzen, dürfte eine willkommene Abwechslung sein.