Entscheidung könnte Montag fallen Steht Rubiales als Verbandschef vor dem Aus?
Der Fall Rubiales liegt jetzt beim spanischen Sportgericht TAD. Laut Medien könnte das schon am Montag eine Entscheidung treffen, die das vorläufige Karriereende des Fußballverbands-Präsidenten nach der Kuss-Affäre bedeuten könnte.
Dass Luis Rubiales im spanischen Fußballverband RFEF in der kommenden Woche noch eine Funktion haben wird, wird immer unwahrscheinlicher. Wegen seiner Kuss-Attacke auf die spanische Fußball-Nationalspielerin Jennifer Hermoso steht er inzwischen so stark unter Druck, dass vieles dafür spricht, dass er nicht mehr lange der höchste Funktionär des spanischen Fußballs bleiben wird.
Die FIFA hat ihn bereits für 90 Tage suspendiert, die gesamte spanische Frauen-Nationalmannschaft ist in den Streik getreten, viele Spieler von Männermannschaften protestieren gegen ihn und auch die beiden Nationaltrainer Jorge Vilda (Frauen) und Luis de la Fuente (Herren) rückten - mit einiger Verzögerung - inzwischen von Rubiales ab.
Die FIFA-Sperre verhindert zunächst, dass Rubiales als Fußball-Funktionär in Erscheinung treten kann. Die FIFA-Disziplinarkommission hatte am Donnerstag ein Verfahren eingeleitet, auch der Weltverband kann Rubiales für mehrere Jahre sperren. Die FIFA ordnete zudem an, dass Rubiales weder persönlich noch durch eine dritte Person Kontakt zu Hermoso oder deren direktem Umfeld aufnehmen darf. Gleiches gelte auch für die RFEF.
Für Montag hat der Verband RFEF die Regionalverbände zu einer Dringlichkeitssitzung eingeladen. Man werde ab 16 Uhr in Madrid die Situation analysieren, heißt es in der Einladung des RFEF. Laut Medienberichten soll es dabei aber nicht um grundlegende Entscheidungen gehen, sondern um das Tagesgeschäft in der Übergangsphase, nachdem die FIFA Rubiales für alle fußballbezogenen Aktivitäten auf nationaler und internationaler Ebene vorläufig suspendiert hatte.
TAD berät auf Antrag der Regierung
Laut Medienberichten könnte am Montag aber an anderer Stelle eine Entscheidung fallen, die Rubiales' Funktionärskarriere zumindest vorläufig beendet. Dann soll das spanische Sportgericht TAD auf Antrag der Regierung über den Fall beraten.
Sollte das TAD die Klage der Regierung annehmen, werde diese Rubiales "sofort von seinen Funktionen als Präsident entbinden", sagte Sportminister Miquel Iceta der Zeitung "El País". Die Suspendierung soll demnach gelten, bis das Sportgericht endgültig über die Klage der Regierung wegen "schwerwiegender Vergehen" entscheidet. "Soweit es von uns abhängt, sind es die letzten Stunden von Rubiales", sagte Iceta der Samstagsausgabe der Zeitung.
Rubiales hatte am Sonntag vor einer Woche die Spielerin Hermoso bei der Siegerehrung nach dem 1:0 im WM-Finale gegen England in Sydney auf den Mund geküsst. Zudem steht er in der Kritik, weil Videos deutlich zeigen, wie er sich in der Präsidentenloge des Stadions mit beiden Händen demonstrativ in den Schritt greift - viele werteten das als unangebrachte Macho-Geste.
Rubiales sieht sich als Opfer
Den vielfach geforderten Rücktritt lehnt Rubiales aber bislang ab. Stattdessen hatte er am Freitag von einem "falschen Feminismus als großer Geißel des Landes" gesprochen und sich als Opfer dargestellt, das "öffentlich hingerichtet" werden solle.
Der Verband RFEF unterstützte Rubiales und bezichtigte Hermoso am Samstag in einer Mitteilung der Lüge. Ihre Darstellung, der Kuss auf ihren Mund bei der Siegerehrung in Sydney sei nicht in beiderseitigem Einvernehmen erfolgt, sei falsch. Um das zu untermauern, veröffentlichte der Verband vier Fotos, die Rubiales entlasten sollen.
Affäre überschattet WM-Triumph
Auf Videoaufnahmen macht der Kuss allerdings nicht den Eindruck, einvernehmlich gewesen zu sein. Und auch Hermoso widersprach dieser Darstellung vehement. Am Samstag veröffentlichte sie eine ausführliche Erklärung. Darin heißt es:
Ich habe mich verletzlich und als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten Handlung gefühlt, der ich nicht zugestimmt habe. Einfach ausgedrückt, ich wurde nicht respektiert.
Unabhängig von der Entscheidung des Sportgerichtshofs TAD ist aber schon klar, dass der Fall dem spanischen Fußball massiv geschadet hat. Auf den Punkt brachte das Barcelona-Coach Xavi Hernández, der Rubiales' Verhalten "völlig inakzeptabel" nannte und anfügte: Er sei "traurig" darüber, dass der Skandal den WM-Triumph des spanischen Teams überschattet habe. "Darüber wird überhaupt nicht mehr geredet, und dabei ist das ein historischer Erfolg."
Heftige Kritik aus Deutschland
Auch über die Grenzen Spaniens hinaus sorgt der Fall für heftige Kritik und Debatten. "Solch ein Verhalten ist nicht akzeptabel und noch weit untragbarer ist, es auch noch herunterzuspielen und die Spielerin unter Druck zu setzen. Niemand, absolut niemand sollte dies als Kleinigkeit abtun", heißt es einem von DFB-Kapitänin Alexandra Popp veröffentlichten offenen Brief des deutschen Nationalteams.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte: "Man muss sich nur mal vorstellen, Angela Merkel hätte 2014 Philipp Lahm so geküsst. Da wäre die Hölle los gewesen bzw. das ist einfach unvorstellbar und sagt damit alles. Auch über diejenigen, die das jetzt als irgendwie normal hinstellen wollen." Die FIFA-Sperre sei "mehr als richtig".