Präsidentschaftswahl in der Slowakei Wo Russland-Propaganda bei Wählern punktet
Bei der slowakischen Präsidentschaftswahl am Wochenende hat das russlandfreundliche Lager um Premier Fico gute Chancen, auch das höchste Amt im Staat zu gewinnen. Den Boden bereiten populistische Kräfte wie Ľuboš Blaha.
Die Musik in einem Webvideo von Ľuboš Blaha klingt nach einem harmlosen Schlager. Doch was der Vize-Chef des slowakischen Parlaments da im November ins Internet stellte, war eine politische Provokation: Blaha zeigte sein neues Arbeitszimmer, in dem er als erstes die EU-Flagge durch eine slowakische ersetzt. Dann landet das Porträt der scheidenden slowakischen Präsidentin Zuzana Čaputová im Schrank.
"Ich habe absolut das Recht zu dieser Geste", sagt Blaha ein halbes Jahr danach. Er weigere sich, Čaputová in seinem Büro zu sehen. "Hier hängt stattdessen mein großes Vorbild, der Held aller Linken und der nationalen Befreiungsbewegung, Che Guevara." Der kubanische Revolutionär habe den US-Imperialismus bekämpft, die slowakische Präsidentin dagegen sei die Sprecherin Washingtons, erzählt der 44-Jährige.
Als "Agentin der USA" darf Blaha die proeuropäische Präsidentin nicht mehr verunglimpfen, das hat ihm ein Gericht verboten. Auch als "anti-slowakische Hure" hat er Caputova beschimpft. Journalisten sind für ihn "Feinde" oder auch einfach "liberale Schweine". Der promovierte Neomarxist gehört der Smer-Partei von Premierminister Robert Fico an. Die hat die Parlamentswahl im vergangenen Herbst knapp gewonnen - den Wahlkampf hatte sie mit Kritik an der EU, der Ukraine sowie pro-russischer Rhetorik bestritten.
"Anti-westlichstes Land der Region"
Blaha sieht das anders: "Was ist pro-russisch daran, dass wir Frieden wollen?", sagt er. "Wir wollen keine neuen Toten in der Ukraine. Wir wollen keinen atomaren Dritten Weltkrieg. Das ist ein Stellvertreterkrieg von Amerikanern gegen Russen. Wir stehen auf keiner Seite. Wir wollen nur den Frieden in der Slowakei bewahren."
Mit dieser Haltung vertrete Blaha rund eine Hälfte der slowakischen Gesellschaft, erklärt der Soziologe Michal Vasecka: "Dieses Land ist von seinen Einstellungen her das anti-westlichste der Region, das anti-amerikanischste und das pro-russischste, vor Ungarn und Bulgarien. Vor dem Krieg in der Ukraine war Putin in der Slowakei beliebter als in Russland."
Die Slowakei war jahrhundertelang ein Agrarland, immer bestimmt von fremden Eliten. Die Veränderung brachte der slowakische Faschismus und dann vor allem der Kommunismus - besonders nach der sowjetischen Okkupation im Jahr 1968. Das Vertrauen in die junge Demokratie ist gering, das Misstrauen in sogenannte Mainstream-Medien dagegen groß. Ein Punkt, an dem russische Propaganda laut Vasecka gut ansetzen kann: "Im hybriden Krieg Russlands folgt die Slowakei als Ziel gleich hinter der Ukraine. Das ist auch kein Wunder, denn sie ist das schwächste Glied in der Kette des Westens."
Politische Stimmungsmache auf Facebook
Kremlfreundliche Narrative werden in der Slowakei in erster Linie von Politikern verbreitet - und dadurch legitimiert. Vor allem von Mitgliedern der aktuellen Regierung und ganz besonders auf Facebook. Denn dieses soziale Netzwerk ist für viele Slowakinnen und Slowaken die Hauptinformationsquelle.
Der Fico-Vertraute Blaha war auf Facebook lange der reichweitenstärkste Politiker. Bis er im Jahr 2022 gesperrt wurde - wegen wiederholter Verstöße gegen die Richtlinien zu Hass und Hetze.
"Facebook in der Slowakei ist nicht nur toxisch und gefährlich. Es ist mitverantwortlich für die schreckliche politische Lage in diesem Land", sagt der Soziologe Vasecka dazu. "Mark Zuckerberg ist mitverantwortlich für das Ausscheren der Slowakei aus dem westlichen Konsens. Die einzige Gegenwehr überhaupt kommt aus Brüssel. Aber zu spät. Zu spät für die Slowakei."
Sorge um Rechtsstaat und Pressefreiheit
Selbst der damalige slowakische Regierungschef Eduard Heger hatte sich wegen des pro-russischen Propaganda-Profils von Blaha beschwert. Doch erst als ein US-Abgeordneter intervenierte, wurde Facebook aktiv.
Von der EU erhoffen sich Beobachter weiterhin klare Worte - auch gegen den pro-russischen Kurs von Premier Fico. Sollte sein Koalitionspartner bei der anstehenden Präsidentschaftswahl gewinnen, dürfte er es noch leichter haben, befürchtet die Journalistin Beata Balogova, die Fico "eine der größten Bewährungsproben für die EU" nennt.
"Er ist zwar Premierminister eines kleinen Landes, aber wenn er es nach Viktor Orban noch einmal schafft, einen Rechtsstaat zu zerstören und die Pressefreiheit einzuschränken, dann zeigt das wirklich, dass die EU keine Mittel hat, ihre Werte zu verteidigen."