Sechs Personen auf dem Rollfeld eines Flughafen, darunter Basketballspielerin Griner und Waffenhändler Bout
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Vergangene Austauschaktionen Waffenhändler, Sportlerin, Geheimdienstler

Stand: 01.08.2024 14:30 Uhr

Russland und die USA haben auch in Zeiten tiefer Krisen immer wieder Gefangene ausgetauscht. Manchmal geschah das in aller Stille, häufig aber in großer Öffentlichkeit. Und immer wieder folgte die Frage, wer von den Deals mehr profitierte.

Griner gegen But

Der Austausch von Brittney Griner gegen Viktor But war die letzte spektakuläre Abmachung dieser Art zwischen Russland und den USA. Der Russe But war bis zu seiner Inhaftierung im Jahr 2008 einer der international aktivsten Waffenhändler und hatte in den 1990er- und den 2000er-Jahren Regime und Rebellen in vielen Konfliktregionen mit Waffen beliefert - angeblich mitunter auch alle Seiten in einem Konflikt. But hatte dies stets bestritten, galt aber international als "Händler des Todes". Nach seiner Verhaftung in Thailand wurde er an die USA ausgeliefert und dort 2012 zu 25 Jahren Haft verurteilt.

Verglichen mit ihm saß Griner vergleichsweise kurz in russischer Haft. Die US-Basketballerin, die seit 2015 in den Saisonpausen in den USA für das russische Team UGMK Jekaterinburg gespielt hatte, wurde im Februar 2022 wenige Tage vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine bei der Einreise in Moskau festgenommen, weil sie nach Angaben der Behörden Kartuschen für E-Zigaretten mit sich geführt hatte, die 0,5 Gramm Haschischöl enthielten. Dafür wurde sie im August 2022 zu neun Jahren Haft verurteilt.

Griners Fall wurde in der westlichen Öffentlichkeit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Ihr Austausch gegen Viktor But im Dezember 2022 wurde in den USA aber auch kritisiert, weil die USA keine weiteren Gefangenen für die Freilassung von But herausgehandelt hatten. Insbesondere Vertreter der republikanischen Partei werteten das als schlechten Handel angesichts der Verbrechen und der Bedeutung von But für Russland. Genau das wurde in Russland von regierungsnahen Kommentatoren bejubelt.

Soldat gegen Pilot

Nicht jeder Austausch zwischen Russland und den USA sorgt für Schlagzeilen und findet unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit statt. Und die entsprechenden Verhandlungskanäle sind auch in Zeiten größter internationaler Spannungen geöffnet.

Ein Beispiel dafür ist der Austausch eines russischen Piloten gegen einen US-Soldaten im April 2022, zwei Monate nach Beginn des vollumfänglichen Ukraine-Kriegs. Über ein Drittland wurde damals der US-Soldat Trevor Reed ausgetauscht, der 2019 unter Alkoholeinfluss in Moskau Polizisten beleidigt und tätlich angegriffen haben soll und dafür zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt worden war. Der damalige US-Botschafter bezeichnete das Verfahren und das Urteil als völlig "absurd". Im Gegenzug ließen die USA den russischen Piloten Konstantin Jaroschenko frei, der 2010 in Liberia verhaftet und danach an die USA überstellt worden war. Dort saß er eine 20-jährige Haftstrafe für die Vorbereitung eines Drogenschmuggels in die USA ab.

Chapman gegen Skripal

Deutlich spektakulärer war wiederum ein breit angelegter Gefangenenaustausch im Jahr 2010, dessen Folgen Jahre später für eine neue internationale Krise sorgen sollten. Im Juli 2010 ließ Russland vier mutmaßliche westliche Agenten frei. Unter ihnen war auch der russische Geheimdienstmitarbeiter Sergej Skripal, der in den 1990er-Jahren vom britischen Geheimdienst angeworben worden war und zur Enttarnung zahlreicher russischen Spione beigetragen haben soll. 2004 wurde er in Russland enttarnt und 2006 zu 13 Jahren Haft verurteilt.

Skripal war zum Zeitpunkt des Austausches der breiten Öffentlichkeit in Großbritannien und den USA unbekannt. Anders verhielt es sich mit Anna Chapman, die im Gegenzug zusammen mit neun weiteren Agenten freikam. Chapman war erst kurz zuvor nach jahrelanger Beobachtung mit weiteren Mitgliedern eines Agentenrings festgenommen worden - bis dahin hatte sie, getarnt als Immobilienmaklerin, in New York gelebt. Der Umstand, dass Chapman zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung erst 28 Jahre alt war und als attraktiv beschrieben wurde, versetzte die Boulevardpresse in Aufregung und ließ sie Vergleiche zur legendären Spionin Mata Hari ziehen. Chapman startete nach ihrem Austausch in Russland eine Karriere als TV-Moderatorin und übernahm eine führende Funktion in der Jugendorganisation der Kreml-Partei Geeintes Russland.

Skripals Austausch wurde dagegen begleitet von Todesdrohungen seitens Wladimir Putins, damals vorübergehend russischer Ministerpräsident. Skripal ließ sich in der britischen Stadt Salisbury nieder, wo er 2015 zusammen mit seiner Tochter durch russische Agenten mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet wurde. Beide überlebten, aber der erste Angriff mit einem chemischen Kampfstoff auf europäischem Boden seit dem zweiten Weltkrieg löste eine massive diplomatische Krise zwischen Großbritannien und Russland aus. Die Identität der Attentäter wurde später von der Rechercheplattform Bellingcat enthüllt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 01. August 2024 um 14:00 Uhr.