Russisches Marine-Manöver Rote Linien im Schwarzen Meer
Russland hat Kriegsschiffe für ein Manöver ins Schwarze Meere geschickt. Die wichtige Meerenge von Kertsch ist bis Herbst gesperrt. Es ist wohl auch die Antwort auf eine NATO-Übung - und Warnung an den Westen.
Schon Mitte April hatte der ukrainische Verteidigungsminister Andrii Taran in einer Rede vor dem Europäischen Parlament gewarnt: "Das zunehmend aggressive Verhalten der russischen Marine bedroht die ukrainische Infrastruktur am Schwarzen und Asowschen Meer." Das ziehe erhebliche Einschränkungen nach sich. "Wichtige Handelswege in internationalen Gewässern werden blockiert, was allen Ländern in der Region wirtschaftliche Verluste bringt."
Denn ungeachtet des russischen Truppenabzugs von den Grenzen zur Ukraine hält Moskau daran fest, bis Ende Oktober Teile des Schwarzen Meeres für ausländische Kriegsschiffe und andere staatliche Schiffe zu sperren. Es handelt sich dabei um Gebiete südlich der annektierten Halbinsel Krim und auch nahe der Meerenge von Kertsch.
Diese ist die Verbindung vom Schwarzen zum Asowschen Meer und von großer strategischer Bedeutung. Die Ukraine etwa wickelt über diese Passage ihre Stahl- und Getreide-Exporte ab. Und am Asowschen Meer liegt auch die ukrainische Hafenstadt Mariupol. Ein wichtiger Industriestandort und die letzte noch von Kiew kontrollierte große Stadt im Osten der Ukraine.
Russland kontert NATO-Manöver
Die US-Regierung hat die Pläne Russlands, die Schifffahrt im Schwarzen Meer teilweise einzuschränken, als grundlose Eskalation verurteilt. Eine NATO-Sprecherin sprach sogar von einer Bedrohung der ukrainischen Unabhängigkeit. Die Stabilität in der Region werde untergraben.
Russland hält trotz des Abzugs seiner Truppen von der Krim an der Sperre fest. Was die Sperrung des Luftraums über der Krim angehe und die Sperrung des Schwarzen Meeres, so sei das eine andere Geschichte, erklärt der russische Militärexperte Alexander Golz. Dies würde bis Oktober gelten. "Sozusagen für alle Fälle, mit dem Ziel, die Militärübungen 'Defender Europe' zu kontern", sagt Golz.
Militärübung mit 30.000 Soldaten
Das Manöver "Defender Europe 21" der US-Streitkräfte und ihrer NATO-Partner mit etwa 30.000 Soldatinnen und Soldaten ist eine der größten Übungen der vergangenen Jahre. Es wird unter anderem auch im Schwarzen Meer stattfinden. Die Übung ist bereits angelaufen und soll bis Juni dauern. Auch die Bundeswehr ist daran beteiligt.
Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu sieht in dem Manöver eine Bedrohung für sein Land. Mitte des Monats hatte Schoigu gesagt: "Die NATO führt in Europa jedes Jahr bis zu 40 große operative Schulungsveranstaltungen mit einem klaren anti-russischen Schwerpunkt durch. Und in diesem Frühjahr hat die NATO mit "Defender Europe 21" eine der ehrgeizigsten Übungen der letzten 30 Jahre begonnen." So würden amerikanische Truppen aus Nordamerika über den Atlantik nach Europa verlegt. Truppen in Europa würden an den russischen Grenzen zusammengezogen. "Die Hauptkräfte konzentrieren sich in der Schwarzmeer-Region und in der baltischen Region", sagte Schoigu.
Putin warnt den Westen
In seiner Rede an die Nation hatte der russische Präsident Wladimir Putin den Westen zu letzt gewarnt, rote Linien nicht zu überschreiten. Man habe genug Geduld, Professionalität und Selbstvertrauen, um jede beliebige Entscheidung zu treffen, sagte Putin. "Aber ich hoffe, dass sich niemand trauen wird, die sogenannten roten Linien zu überschreiten. Wie diese Linien aussehen werden - das werden wir selber bestimmen, in jedem konkreten Fall."
Auch Russland plant noch in diesem Jahr weitere Großmanöver. Im Herbst findet die Militärübung "Sapad 2021" statt. Und dann dürften erneut russische Truppen an die Grenze zur Ukraine verlegt werden. Die Sperre von Teilen des Schwarzen Meeres soll mindestens ebenso lange dauern.