Vor Militärparade am 9. Mai Patriotismus im Zeichen des Z
Kremlchef Putin wird auf dem Roten Platz in Moskau die traditionelle Parade zum Sieg über Hitler-Deutschland abnehmen. Manche halten es für möglich, dass er die allgemeine Mobilmachung verkündet. Der Kreml dementiert.
Seit Tagen laufen in Moskau die Vorbereitungen für den 9. Mai auf Hochtouren. Balkone werden abgespritzt, riesige rote Banner gehisst. Es wird gestrichen, gefegt - und geprobt. In den Abendstunden rollen Panzer, Kampfroboter und Raketenträger durch die Straßen der russischen Hauptstadt. Begeistert gefeiert von Schaulustigen.
"Das ist natürlich sehr beeindruckend"
Das sei natürlich sehr beeindruckend, sagt ein junger Mann. Ein anderer Mann, etwa 50 Jahre alt, sagt: "Ich finde den T-14-Armata-Panzer toll. Das ist eine moderne Maschine mit einem unzerstörbaren Modul, in dem sich die Besatzung befindet. Die ganze Technik ist wirklich beeindruckend. Wir sind stolz auf unser Land." Stolz auch auf das Z, das auf den Fahrzeugen prangt.
"Der Buchstabe Z steht für die Unterstützung der Spezialoperation", sagt eine Frau. "Für die Unterstützung der Entscheidungen unseres Präsidenten. Er ist unser Anführer. Und niemand - vor allem nicht die Menschen, die in diesem Land leben - hat das Recht, seine Entscheidungen anzuzweifeln."
"Der Hauptfeiertag, der voller Symbolik ist"
Nichts und niemand könne den 9. Mai überschatten, da ist sich auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sicher. "Der Tag des Sieges ist nicht nur ein Fest. Der Tag des Sieges ist für alle Russen, für fast alle Bewohner des Territoriums der ehemaligen Sowjetunion ein heiliger Tag", sagt er. "Der Hauptfeiertag, der wirklich voller Symbolik ist."
Gerade weil das so ist, sehen einige der Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Sorge entgegen. Was, wenn er an diesem symbolträchtigen Tag der von ihm erklärten Rückkehr des Faschismus nicht nur den Kampf ansagt - sondern den Krieg erklärt? Was, wenn er alle zu den Waffen ruft?
Dann etablierte das russische Verteidigungsministerium die Buchstaben als Symbole, mit den Parolen "Za Pobedu" ("Für den Sieg") und "Sila V Pravde" ("In der Wahrheit liegt die Kraft"). Nun steht vor allem das Z für den neuen russischen Patriotismus und die Unterstützung der - aus russischer Sicht - militärischen Spezialoperation in der Ukraine.
"Wir holen uns zurück, was uns gehört"
Der Kreml verweist entsprechende Gerüchte ins Reich der Phantasie. "Es ist nicht wahr, es ist Unsinn", sagt Peskow. Genauso wie all das Gerede darüber, dass die militärische Sonderoperation in der Ukraine nicht nach Plan verlaufe.
"Wir holen uns auf jeden Fall zurück, was uns gehört", sagt ein Passant. Er ist überzeugt und rät dem Westen, nicht an der Bereitschaft Russlands zu zweifeln, seine Ziele zu erreichen.
Ein Z aus acht Kampfjets
Wie um das zu unterstreichen, wird am 9. Mai auch eine Iljuschin 80 über den Roten Platz fliegen. Die als Weltuntergangsflugzeug bekannt gewordene Maschine soll im Fall einer nuklearen Eskalation als fliegender Gefechtsstand dienen.
Und auch das Z darf am Himmel natürlich nicht fehlen. Es wird von acht MiG-29-Kampfjets gebildet. Ein weithin sichtbares Zeichen. Auch für die, die an diesem Tag das Weite suchen, weil ihnen nicht zum Feiern zumute ist.
Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel als Befehlshaber der Wehrmacht unterzeichnete die Kapitulationsurkunde erst am 9. Mai - kurz nach Mitternacht. Vorgesehen gewesen war die Zeremonie zwar für den 8. Mai, aber ein Streit über die russische Fassung verzögerte den Akt.
Insgesamt bestätigten deutsche und alliierte Offiziere die bedingungslose Kapitulation Hitler-Deutschlands zweimal mit ihren Unterschriften: am 7. Mai im französischen Reims und in der Nacht zum 9. in Berlin-Karlshorst. Der Beginn der Waffenruhe war bereits in Reims auf den 8. Mai um 23.00 Uhr MEZ festgelegt worden. In Moskau war es da schon 1.00 Uhr - am 9. Mai. Der Westen feiert also die Waffenruhe, die Ex-Sowjetrepubliken feiern die Kapitulation.