Russland Strafen für Kritik an Wagner-Truppe
Russland hat die Strafen für Kritik am Krieg gegen die Ukraine ausgeweitet. Einen besonderen Status erhält dabei die Wagner-Truppe. Nach Ansicht von Regierungskritikern sind weitere Verschärfungen nur eine Frage der Zeit.
Fast einstimmig votierten die Abgeordneten der Duma für Gesetzesverschärfungen, die Strafen für Kritik am Krieg in der Ukraine ausweiten. Konnte bislang die Diskreditierung der russischen Armee und beteiligter Behörden Gefängnisstrafen nach sich ziehen, wird dies nun auch auf Freiwilligenverbände wie die Wagner-Truppe, die etwa in der heftig umkämpften Stadt Bachmut im Einsatz ist, ausgeweitet, ebenso auf private Helfer oder Organisationen, die die russischen Streitkräfte unterstützen. Statt einer Höchststrafe von bislang fünf sind nun sieben Jahre vorgesehen.
Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin hatte zuvor eindringlich dazu aufgerufen, für die Änderungen zu stimmen. "Heutzutage muss jeder Soldat und Offizier, egal ob er zu einer Militärformation gehört oder Freiwilliger ist, sicher sein, dass Lügen und Verleumdungen in ihre Richtung bestraft werden und sie gesetzlich geschützt sind", sagte er. Das Parlament werde eine solche Entscheidung treffen.
Damit bezog sich Wolodin auch auf den zweiten Teil des Gesetzespakets, der sich auf die Verbreitung sogenannter Fake-News zum Einsatz russischer Kämpfer in der Ukraine bezieht. Damit steht es etwa unter Strafe, in Russland über zivile ukrainische Opfer des russischen Angriffskriegs zu berichten, wie auch über Kriegsverbrechen - ganz gleich, ob sie von russischen Soldaten oder Freiwilligenverbänden begangen wurden. Die Höchststrafe hier: 15 Jahre Haft.
Student zu jahrelanger Haftstrafe verurteilt
Öffentliche Kritik oder das Verbreiten von Berichten über zivile Opfer des Kriegs gegen die Ukraine hatten ohnehin schon harte Strafen zur Folge. In der vergangenen Woche wurde deswegen ein ehemaliger Student der Moskauer Lomonossow-Universität zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt.
Auch der russische Bestsellerautor Dmitry Glukhowsky ist in Abwesenheit angeklagt worden, da er auf seinen Social-Media-Kanälen unter anderem Nachrichten über Gräueltaten an ukrainischen Zivilisten in Butscha und Irpin verbreitet hatte. Er berichtet, wie in seinem Fall die Anklage letztlich begründet wird:
"Die Ermittler und die Geheimdienstagenten und jetzt auch die Anklage sagen, dass ich aus Gründen des politischen Hasses gegen Wladimir Putin Informationen über die russische Armee in der Ukraine manipuliere, um die russische Armee zu diskreditieren", erzählt Glukhovsky. Das sei die eigentliche Anklage. Sie überprüften seine Angaben überhaupt nicht. "Sie sagen, Putin sagt das und die Armeeführung sagt das - aber Dmitry Glukhovsky sagt, dass es Krieg wäre und deswegen lügt er."
Breiter Protest in Russland fehlt bislang
Breit angelegten Protest gegen den Krieg gibt es in Russland nicht. Alexej Wenediktow, der ehemalige Chefredakteur des aufgelösten Radiosenders Echo Moskwy, glaubt dass die Gesetzesverschärfungen aus Kreml-Sicht notwendig sind, da sich eine gewisse Kriegsmüdigkeit in der Bevölkerung breit mache.
Im Interview mit dem ARD-Studio Moskau sagt er: "Es gibt zwar bis jetzt keine Gefahr von Massendemonstrationen und Revolutionen. Aber sie wollen die Unzufriedenheit durch Zuckerbrot - also Zahlungen - und gleichzeitig auch mit der Peitsche - also Angst durch Repressionen - unterdrücken, und das sehen wir gerade." Da sich nicht abzeichne, dass Kremlchef Putin von seinem Kurs in der Ukraine abrücke, seien auch weitere Gesetzesverschärfungen nur eine Frage der Zeit.