Spannungen in Montenegro Proteste gegen neues Kirchenoberhaupt
Montenegro ist zwar seit 15 Jahren unabhängig - viele Bewohner sehen sich aber immer noch als Serben. In dieser Gemengelage sorgt die Amtseinführung des neuen serbisch-orthodoxen Kirchenoberhaupts für Konflikte.
In Montenegro soll heute soll das neue Oberhaupt der serbisch-orthodoxen Kirche in sein Amt eingeführt werden - und die Proteste dagegen dauern an. Mehrere hundert Menschen blockierten am Morgen die Zufahrtswege zur historischen Hauptstadt Cetinje.
An der wichtigsten Straße, die von der heutigen Hauptstadt Podgorica nach Cetinje führt, türmten sich Autoreifen und Steinbrocken. Ein Sattelschlepper war quer gestellt worden. In der vordersten Reihe saßen rund 50 Frauen auf der Straße. Einige der Männer in der Menge hatten Gasmasken gegen Tränengas sowie Stöcke aus Holz oder Metall bei sich. Die Menschen riefen demnach Parolen wie "Dies ist nicht Serbien!" und "Lang lebe Montenegro!". "Wir sind hier, um uns gegen die Okkupation durch die serbische Kirche zu verteidigen", sagte ein Demonstrant einem Reporter der Nachrichtenagentur dpa.
Brennende Autoreifen und Steine sollten die Zufahrt zur Amtseinführung unmöglich machen. Inzwischen wurden die Barrikaden geräumt.
Inzwischen wurde die Blockade von der Polizei gewaltsam geräumt. Dabei kam es zu Zusammenstößen zwischen den Einsatzkräften und den Protestierenden. Die Polizisten setzten unter anderen Tränengas ein. Die Demonstranten steckten Autoreifen in Brand, leisteten aber ansonsten keine Gegenwehr. Bereits am Samstag hatte es Auseinandersetzungen gegeben.
Jeder Dritte sieht sich als Serbe
Montenegro war 2006 von Serbien unabhängig geworden. Knapp ein Drittel der 620.000 Einwohner definieren sich als ethnische Serben, einige leugnen bis heute Montenegros Unabhängigkeit. Weit mehr Menschen bekennen sich zur serbisch-orthodoxen Kirche. Die bevorstehende Amtseinführung des Kirchenoberhaupts ließ die Spannungen erneut eskalieren, denn die Spitze der serbisch-orthodoxen Kirche residiert in Serbien und erkennt die staatliche Identität Montenegros nicht an. Anhänger der Unabhängigkeit Montenegros betrachten die Amtseinführung des neuen Metropoliten in Cetinje als Machtdemonstration des pro-serbischen Lagers.
Die seit Dezember amtierende Regierung gilt als kirchennah. Im Dezember hatte sie ein von der Sozialistischen Partei von Präsident Milo Djukanovic eingebrachtes Gesetz geändert, mit dem Hunderte serbisch-orthodoxe Klöster zu Staatseigentum gemacht werden sollten.
Mitropolit Joanikije (links) soll am Sonntag in sein Amt eingeführt werden.
Präsident auf Seiten der Demonstranten
Djukanovic traf am Samstagabend ebenfalls zu den Protesten gegen die Amtseinführung des neuen Metropoliten in Cetinje ein. Er hatte das Land über ein Referendum in die Unabhängigkeit von Serbien geführt. Im vergangenen Jahr verlor seine Präsidentenpartei die Parlamentswahl, weswegen er den Großteil seiner Macht verlor.
Die neue Regierung wird vom pro-serbischen Lager, aber auch von pro-montenegrinischen Liberalen und Grünen unterstützt. Die Koalitionspartner werfen Djukanovic Korruption und Verstrickung ins organisierte Verbrechen vor.