Importe trotz Ukraine-Krieg Polen und sein russisches Öl
Eigentlich hatte sich Polen besonders starkgemacht für ein möglichst weitreichendes Embargo für Öl aus Russland - und importierte trotzdem selbst weiter russisches Öl.
Ein riesengroßes Banner flattert an der Poniatowskibrücke, einer der Warschauer Hauptachsen über die Weichsel. "Polen kauft immer noch Rohöl aus Russland", steht da.
Greenpeace Polska hat es aufgehängt, am Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine. Das ist unangenehm für die polnische Regierung, die sich innen- und außenpolitisch als treibende Kraft versteht, wenn es um die Unabhängigkeit von und Sanktionen gegen Russland geht.
Weitere Importe trotz eigener Ankündigungen
Am Dienstag erklärte Mateusz Morawiecki, Polens Ministerpräsident, zu Ölimporten: "Die Fakten und Zahlen sind eindeutig. Sie zeigen, dass wir Antreiber für Sanktionen in diesem Bereich waren. Das bestätigen auch die Worte der Dankbarkeit aus der Ukraine. Und wir haben das auch umgesetzt. Schon seit 2016 reduzieren wir die Erdölimporte aus Russland."
Nur, und daraus macht auch Morawiecki kein Geheimnis, Anfang des Jahres deckte Polen immer noch zehn Prozent des eigenen Ölbedarfs durch Importe aus Russland ab - anders als im letzten Sommer angekündigt.
Erdgas- und Kohleimporte wurden eingestellt
Als sich damals die EU nur auf ein Ölembargo für den Seeweg einigen konnte, Importe via Pipeline aus Russland aber weiterhin erlaubte, erklärte Polen gemeinsam mit Deutschland, ab dem Jahreswechsel generell auf russisches Öl verzichten zu wollen.
Und das Land ist einen weiten Weg gegangen: Erdgas- und Kohleimporte aus Russland wurden eingestellt und die Ölimporte reduziert. Aber mit den verbleibenden zehn Prozent war Polen zum Schluss laut polnischen Medienberichten größter verbliebener Käufer von russischem Rohöl in Europa.
Importstopp "nicht möglich"
Das sei nicht anders möglich, da sonst Vertragsstrafen gedroht hätten, erklärte ebenfalls am Dienstag Daniel Obajtek, der Vorsitzende des teilstaatlichen Mineralölkonzerns Orlen, der das russische Öl importiert.
Das "Wohl von Orlen und das Wohl der Polen" hinge von dem weiteren Import des Öls ab, erklärt Obajtek. "Stellen Sie sich vor, was es bedeutet hätte, diesen Vertrag zu kündigen und dann Strafen zu zahlen, sodass das Geld an das Putin-Regime geflossen wäre. Das konnten wir nicht machen."
Polen gibt der EU die Schuld
Die Argumentation von Orlen und der polnischen Regierung war stets, dass die EU die Verantwortung für diese Situation trage: Gäbe es ein EU-Ölembargo, das sich auch auf Pipelinelieferungen erstreckt, dann hätte man eine rechtliche Grundlage, um auch den Liefervertrag über die verbleibende Menge Öl ohne Vertragsstrafen zu kündigen.
Doch Energieexperte Jakub Wiech hält dagegen, dass die polnische Regierung selbst diese Grundlage durch ein Gesetz hätte schaffen können, um Orlen die straffreie Vertragskündigung zu ermöglichen.
Indirekt weitere Importe
Tatsächlich ist die Druschba-Pipeline mittlerweile abgedreht worden - allerdings nicht von polnischer, sondern von russischer Seite. Der Grund dafür ist mutmaßlich eine Reaktion auf das jüngste EU-Sanktionspaket und den Polenbesuch des US-Präsidenten.
Darauf sei man vorbereitet, sagt Orlen-Chef Obajtek, es werde keinen Mangel geben. Gut sieht es trotzdem nicht aus für die polnische Regierung, kommentiert Energieexperte Jakub Wiech: "Es ist schwierig, dass Russland und nicht Polen entschieden hat, die Erdöllieferungen für den polnischen Markt zu stoppen. Vor allem weil die polnische Regierung schon lange gedroht hatte, die Lieferungen einzustellen, aber die Entscheidung die ganze Zeit nicht getroffen hat, obwohl die deutsche Seite das ja getan hat."
Und so wirklich unabhängig von russischem Öl, wie es die polnische Regierung gern hätte, ist das Land trotzdem nicht. Experten weisen darauf hin, dass polnische Tankstellen weiterhin Kraftstoffe aus slowakischen Raffinerien verkaufen. Und die Slowakei importiert weiterhin per Pipeline russisches Erdöl.