Regionalwahlen in Polen Regierungskoalition vorn - PiS aber stärkste Kraft
Beim ersten Stimmungstest für die pro-europäische Regierungskoalition in Polen seit der Parlamentswahl haben sich die neuen politischen Machtverhältnisse bestätigt. Das Bündnis von Premier Tusk liegt Prognosen zufolge vorn, aber die PiS ist wohl stärkste Kraft.
Wegen der Wahlruhe wolle er nur im Flüsterton daran erinnern, dass am Sonntag etwas zu Ende gebracht werden müsse, schrieb der polnische Premierminister Donald Tusk am Freitag bei X. Gemeint war, die PiS nach den Parlamentswahlen im Oktober bei den Regionalwahlen endgültig zu besiegen.
So ganz gelungen ist das allerdings nicht, wie PiS-Chef Jarosław Kaczyński am Wahlabend erklärte: "Wie Mark Twain einmal sagte, die Nachricht von meinem Tod ist stark übertrieben."
Tusks Hoffnungen erfüllen sich nicht
Zumindest nach den Nachwahlbefragungen ist die PiS mit 33,7% aller landesweit abgegebenen Stimmen erneut stärkste Kraft geworden, wenn sie auch nur in sechs von 16 Wojewodschaften, also Ländern, die Mehrheit bekommen hat. Bei den letzten Wahlen 2018 waren es noch neun. Und da insgesamt 49.000 Mandate auf Kommunal- und Landesebene zu besetzen sind, sagt die reine Summe der gewonnen Stimmen noch nicht viel darüber aus, wer am Ende Koalitionen bilden und tatsächlich regieren kann.
Aber Tusks Hoffnung auf eine krachende Niederlage der PiS, so viel ist klar, hat sich nicht erfüllt. Stattdessen richtet sein Dauerkonkurrent Kaczyński den Blick schon wieder weit nach vorn: "Dieses Ergebnis zeigt, heute würden wir in den Parlamentswahlen vielleicht deutlich besser abschneiden, vielleicht könnten wir sogar an die Macht kommen." Die PiS müsse jetzt vor allem die Europawahlen gewinnen und sich dann auf die Präsidentschaftswahlen vorbereiten. "Und dann kommen die Parlamentswahlen."
Tusk trotzdem zufrieden
Donald Tusk ist trotzdem zufrieden. Seine Bürgerkoalition konnte mit 31,9% deutlich zulegen und in 10 der 16 Wojewodschaften stärkste Kraft werden. Ihre Bürgermeisterkandidaten in Warschau und Danzig haben im ersten Wahlgang gewonnen, andere haben gute Chancen, die Stichwahl am 21. April für sich zu gewinnen.
"Ich bin heute wirklich sehr stolz auf uns alle, alle Polinnen und Polen", sagte Tusk. "Der 15. Oktober hat sich im April wiederholt."
Koalitionspartner enttäuschen
Tusk interpretiert das Ergebnis als Bestätigung für den Kurs seiner Regierung - und das, obwohl die Koalitionspartner von der Neuen Linken mit nur 6,8% enttäuscht haben und noch hinter der rechtsextremen Konfederacja liegen. Und auch der christlich-konservative Dritte Weg dürfte mit seinen 13,5% nicht zufrieden sein.
Auch die geringe Wahlbeteiligung von nur gut 51% sei eine Ansage, so einer der Parteivorsitzenden, Parlamentspräsident Szymon Hołownia: "Man kann das nicht anders betrachten als als Warnung. Die erste ernste Warnung für unsere Koalition. Genug des Streits, haben uns die Menschen heute gesagt."
Koalition fällt vor allem durch Streit auf
Die Regierungskoalition war nach anfänglich demonstrativer Einigkeit im Regionalwahlkampf, aber auch bei konkreten Sachfragen wie der Liberalisierung des Abtreibungsrechts, zuletzt vor allem durch Streit und Missgunst aufgefallen.
Das Wahlergebnis sei doch gut für die Regierungskoalition, fasst der frühere Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski am Ende zusammen. Jetzt wüsste sie wenigstens, dass die PiS weiter stark sei und die Koalition deshalb statt zu streiten zusammenarbeiten müsse.