Inflation in Österreich Kampf um die Deutungshoheit
In Österreich liegt die Inflation bei 9,2 Prozent. Kanzler Nehammers ÖVP hält mit Gutscheinen und Ausgleichszahlungen dagegen, liegt aber im Umfragetief. Die SPÖ hingegen kann mit Verweisen auf den Nachbarn Deutschland punkten.
Es gibt derzeit kaum ein wichtigeres Thema in der österreichischen Politik als die Inflation. Das weiß Pamela Rendi-Wagner, weshalb sie am Dienstag in Wien zu einer Pressekonferenz über das Thema einlud. "Dieser Preisexplosion" könne die österreichische Regierung nicht weiter tatenlos zusehen, sagte sie dort: "Man kann nicht endlos Gutscheine verteilen und der Preissteigerung passiv gegenüberstehen. Das kann nicht das Ziel einer wirksamen Anti-Teuerungspolitik sein."
Rendi-Wagner ist die Parteichefin der Sozialdemokraten in Österreich. Seit Wochen liegt die SPÖ mit etwa 30 Prozent Stimmanteil in den Umfragen deutlich in Führung. Die regierenden Konservativen sind in verschiedene Affären verstrickt. Die ÖVP steht nur bei 22 Prozent und droht sogar hinter die rechtsnationale FPÖ zu fallen. Auch in der Kanzlerfrage hat Rendi-Wagner mit dem Amtsinhaber Karl Nehammer gleichgezogen.
Der versucht mit verschiedenen Maßnahmen das Thema Teuerung in den Griff zu bekommen: "Es gibt den vorgezogenen Abzugsbetrag für Pensionistinnen und Pensionisten, es gibt die Unterstützung für die sozial Schwachen, es gibt die Unterstützung für die Studierenden, es gibt die Unterstützung für die Familien durch den Beschluss, dass der Familienbonus von 1500 auf 2000 Euro pro Jahr pro Kind erhöht wird", zählte er bereits Ende Juli auf. Der Bonus ist eine Steuerabsetzbetrag für Familien mit Kindern. Im Herbst sollen dann noch weitere Maßnahmen greifen, wie etwa eine Strompreisbremse, über die aber noch nicht so viel bekannt ist.
"Der halbe Kontinent brennt"
Statt Gutscheine zu verteilen, brauche es echte Maßnahmen, die die Teuerung eindämpfen, sagt SPÖ-Chefin Rendi-Wagner. Sie wirft einen Blick nach Deutschland: Während in Österreich nach Schätzung der Österreichischen Nationalbank die Inflationsrate bei 9,2 Prozent liegt, ist sie in der Bundesrepublik zwei Prozentpunkte niedriger. Daran habe vor allem der Tankrabatt großen Anteil gehabt, sagt Rendi-Wagner unter Berufung auf eine Studie der Wiesbadener Statistikbehörde.
Kanzler Nehammer erfährt dagegen Unterstützung von seinem Vize Werner Kogler: Der Grünen-Chef bleibt an der Seite des Koalitionspartners ÖVP. Von den Kommentaren der Sozialdemokraten ist Kogler nicht überzeugt: "Mir ist ein jeder lieber, der ernsthaft Bedenken anmeldet, aber trotzdem an der Lösung arbeitet, als jene, die so tun, als ob das mit einem Federstrich gehen täte. Das ist unseriös, unehrlich und im Ergebnis unverantwortlich." Maßnahmen müssen auch langfristige Probleme im Blick haben, sagte Kogler im ORF.
In dieser Zeit, wo wir eine derartige Klimakrise haben und der halbe Kontinent brennt, das ist doch so, können wir hier nicht die falschen Signale setzen und anreizen zum Energieverschwenden.
Wird Tirol sozialdemokratisch?
Kogler wird seit Tagen immer wieder gefragt, ob er denn noch einen weiteren Kanzler von der ÖVP mittragen würde, denn Nehammer ist den Umfragen zufolge angeschlagen.
Der Amtsinhaber ist schon der dritte Kanzler in der schwarz-grünen Koalition und erst seit Dezember im Amt. Die Regierung habe zu liefern, sagt Kogler.
Spätestens nach der Landtagswahl in Tirol am 25. September könnte die Frage wirklich akut werden. Denn dann könnte das pechschwarze Tirol rot werden. Ein heißer Sommer bahnt sich im politischen Wien an.