Wegen Kinderbeihilfen-Skandal Niederländische Regierung tritt zurück
Die niederländische Regierung von Ministerpräsident Rutte tritt wegen einer Affäre um Kinderbeihilfen zurück. Die Behörden sollen Tausenden Eltern zu Unrecht Betrug vorgeworfen und sie in finanzielle Not gebracht haben.
Die niederländische Regierung tritt wenige Wochen vor der Parlamentswahl im März wegen eines Skandals um Kinderbeihilfen zurück. Ministerpräsident Mark Rutte bestätigte entsprechende Medienberichte am Nachmittag auf einer Pressekonferenz.
Die Regierung zieht damit die Konsequenzen aus einer beispiellosen Affäre um Kinderbeihilfen. Rund 20.000 Eltern waren über Jahre fälschlicherweise als Betrüger dargestellt und in große finanzielle Not gestürzt worden.
Tausenden Eltern sei jahrelang "großes Unrecht" angetan worden, sagte Rutte. "Der Rechtsstaat muss seine Bürger vor einer allmächtigen Regierung schützen, und das ist hier furchtbar schief gelaufen", so der Ministerpräsident.
Steuerbehörden forderten Kita-Zuschüsse zurück
Im Kampf gegen angeblichen Betrug hatten die Steuerbehörden von etwa 2013 bis 2019 von den Eltern Zehntausende Euro Kita-Zuschüsse zurückgefordert. Dadurch waren Tausende Familien in große Not geraten. Im gesamten Zeitraum war Rutte Regierungschef. Zuletzt hatte seine rechtsliberale VVD gemeinsam mit zwei christlichen Parteien und der linksliberalen D66 regiert.
Die Affäre war akut geworden, nachdem eine parlamentarische Untersuchungskommission im Dezember das Vorgehen von Politikern, Behörden und Justiz scharf verurteilt hatte. "Die Basisprinzipien des Rechtsstaates wurden verletzt", hieß es damals. Die Regierung sagte Entschädigungen von 30.000 Euro pro Familie zu.
Ruttes Partei liegt in Umfragen vorn
Der Rücktritt der Regierung wird vor allem als symbolischer Schritt bewertet und dürfte kaum Einfluss auf den Wahlausgang am 17. März haben. In den Umfragen liegt Ruttes VVD weit vorn. Demnach könnte er auch erneut eine Regierung bilden. Rutte hatte zuvor versichert, dass die Regierung bei der Bewältigung der Corona-Krise voll handlungsfähig bleibe.
Der Druck auf die Regierung hatte zugenommen, nachdem am Donnerstag wegen derselben Affäre der Leiter der sozialdemokratischen Oppositionspartei, Lodewijk Asscher, überraschend seinen Rückzug aus der Politik angekündigt hatte. Asscher war bis 2017 Sozialminister.