Kremlkritiker Weiteres Urteil gegen Nawalny erwartet
Gründung einer extremistischen Organisation: So lautet einer der Vorwürfe gegen den russischen Kremlkritiker Nawalny in einem neuen Prozess, bei dem heute das Urteil fallen soll. Ihm drohen bis zu 20 Jahre Straflager.
In einem weiteren Prozess gegen den in Russland inhaftierten Kremlkritiker Alexej Nawalny wird heute das Urteil erwartet. Ihm wird vorgeworfen, eine extremistische Organisation gegründet und finanziert zu haben. Außerdem soll er zu extremistischen Aktivitäten aufgerufen und "Nazi-Ideologie wiederbelebt" haben.
Bereits eine neunjährige Haftstrafe verhängt
Nawalny ließ im Vorfeld über seine Social-Media-Kanäle verlauten, dass er mit einer "stalinistischen" Strafe von 18 bis 20 Jahren rechne, die der "Einschüchterung" dienen solle. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch erklärte auf Nachfrage der Nachrichtenagentur dpa, dass damit die Gesamtlänge der Haftdauer gemeint sei - also die neun Jahre Straflager, zu denen Nawalny bereits 2020 verurteilt wurde, mit eingerechnet seien. Davon hat er bereits rund zweieinhalb Jahre abgesessen.
Auch ein Vertrauter Nawalnys geht von einer hohen Strafe für den 47-Jährigen aus. Leonid Wolkow sagte im ARD-Morgenmagazin, es werde "wahrscheinlich 20 Jahre geben oder 18". Das genaue Strafmaß spiele "eigentlich keine Rolle", so Wolkow, der in Litauen im Exil lebt. "Alle verstehen doch, es ist eine lebenslange Strafe", erläuterte er weiter. Die Frage sei lediglich "wessen Leben"? Solange Präsident Wladimir Putin im Kreml bleibe, "solange bleibt Nawalny hinter Gittern", sagte Wolkow.
Menschenrechtler weisen immer wieder auf die angeschlagene Gesundheit Nawalnys hin, der im Sommer 2020 nur knapp einen Nervengiftanschlag überlebte. Der Oppositionspolitiker wurde im Januar 2021 nach seiner Rückkehr nach Russland festgenommen. Seine Unterstützer kritisieren zudem, dass der neue Prozess nicht vor Gericht, sondern direkt in Nawalnys Strafkolonie im 260 Kilometer von Moskau entfernten Melechowo abgehalten wird.