Wahl in Frankreich Eine Schocktherapie mit Folgen
Mit seiner Strategie, vorzeitige Neuwahlen anzusetzen, hat sich Frankreichs Präsident um ein Haar verschätzt. Nun ist Bundeskanzler Scholz an der Reihe, den geschwächten Macron als europäischen Richtungsgeber abzulösen.
Man muss es wohl als Erfolg bezeichnen, dass in Frankreich das Schlimmste verhindert wurde. Es ist eine Überraschung, wie klar die Franzosen sich in dieser aufgewühlten Stimmung gegen eine Machtübernahme des rechtsradikalen Rassemblement National gestemmt haben. So besteht die Chance, dass Frankreich auf proeuropäischem Kurs und damit unser wichtigster Partner in der EU bleibt.
Dennoch: Dieser Partner wurde ohne Not von einem selbstherrlichen Präsidenten geschwächt. Emmanuel Macron glaubte, mit den Neuwahlen seinem Land eine politische Schocktherapie verordnen zu müssen, um so die unzufriedenen Franzosen wieder hinter sich zu versammeln. Stattdessen ist seine eigene Partei jetzt deutlich geschrumpft.
Das Ende des demokratischen Monarchen
Macron ist ein Präsident ohne Mehrheit im Parlament. Als europäische Führungsfigur, die er immer sein wollte, hat er sich selbst beschädigt. Jetzt muss er auf den Kooperationswillen der gemäßigten Linken hoffen, wenn er politisch noch etwas gestalten will. Er sollte sich dringend von seiner überheblichen Idee vom Präsidenten als einem demokratisch gewählten Monarchen verabschieden. Die Franzosen haben ihm dafür ein eindeutiges Zeugnis ausgestellt.
Scholz als neuer Richtungsgeber?
Für den deutschen Bundeskanzler bedeutet die Wahl in Frankreich, dass die europafreundlichen Kräfte in der EU noch mehr auf ihn als Richtungsgeber hoffen werden. Bislang ist er diesen Hoffnungen kaum gerecht geworden. Aber die Not mag vielleicht auch auf ein Temperament wie das von Olaf Scholz belebend wirken.
Wer noch an ein gemeinsames Europa glaubt, muss das wünschen. Sonst ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Nationalisten die EU doch noch zerlegen und bedeutungslos machen. Wladimir Putin wartet nur darauf.