Großbritannien Regierung muss Johnsons Corona-Chats freigeben
Die britische Regierung muss zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie persönliche Daten des Ex-Premiers weitergeben - was Johnson auch selbst befürwortet. Beobachter vermuten einen Schachzug gegen Amtsinhaber Sunak.
Der High Court in London hat die britische Regierung verpflichtet, der Corona-Untersuchungskommission unredigierte Chatnachrichten sowie Notebooks und Tagebücher des damaligen Premierministers Boris Johnson auszuhändigen. Das Gericht wies eine entsprechende Klage der zentralen Regierungsbehörde Cabinet Office gegen die Anordnung von Kommissionschefin Heather Hallett ab.
Johnson hatte sich in dem Streit auf die Seite von Hallett geschlagen. Kommentatoren sehen darin einen Versuch, seinem parteiinternen Widersacher und amtierenden Premierminister Rishi Sunak zu schaden. Sunak war während der Pandemie Finanzminister unter Johnson. Es wird vermutet, dass er in den Unterlagen erwähnt wird.
Unterlagen schon im Mai an Kommission gegeben
Der Ex-Regierungschef hatte dem Cabinet Office im Mai seine Unterlagen überlassen. Die Behörde verweigerte aber die Weitergabe. Sie argumentierte, die Kommission habe nicht die Befugnis, die Veröffentlichung von Dokumenten und Nachrichten zu erzwingen, deren Inhalt keine Verbindung zum Umgang der Regierung mit Covid hätten. Die "Covid-19 Inquiry"-Kommission machte hingegen geltend, dass "diese und künftige Untersuchungen" entkräftet würden, wenn die Regierung selbst entscheide, welche Inhalte relevant sind.
Die Richter, die im Fall des Kabinettsbüros entschieden, sagten einer Meldung der Nachrichtenagentur AP zufolge, Johnsons Tagebücher und Notizbücher enthielten "sehr wahrscheinlich Informationen über die Entscheidungsfindung" im Zusammenhang mit der Pandemie. Ein Sprecher habe gesagt, die Regierung werde sich voll und ganz an das Urteil halten und an der Untersuchung arbeiten, um sicherzustellen, dass die Privatsphäre der beteiligten Personen geschützt werde.
Wie war Großbritannien auf Corona-Pandemie vorbereitet?
Die Untersuchung geht derzeit der Frage nach, ob Großbritannien ausreichend auf die Corona-Pandemie vorbereitet war. Im Vereinigten Königreich starben laut Sterbeurkunden etwa 227.000 Menschen an Covid-19. Das sind - trotz geringerer Bevölkerungszahl - deutlich mehr als in Deutschland.
Die Kommission unter Leitung der ehemaligen Richterin Hallett kann Zeugen unter Eid vernehmen und Dokumente anfordern, aber keine Urteile fällen. Johnson stimmte Ende 2021 der Untersuchung darüber zu, wie die Regierung mit der Ausbreitung des Virus umgegangen ist.