Fahrer des spanischen Lieferdienstes Glovo
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Auslandspodcast Ideenimport Wie Lebensmittel-Lieferdienste fairer machen?

Stand: 28.10.2022 05:03 Uhr

Die Arbeitsbedingungen bei Lebensmittel-Lieferdiensten sind oft prekär und die Lieferungen kaum nachhaltig. Wie versuchen andere Staaten, diesen Service fairer zu machen?

Amazon Fresh, Gorillas, Flink, Getir, Uber Eats, Bring, Grovy, Knuspr - in fast jeder deutschen Großstadt gibt es inzwischen Dienste, die Lebensmittel liefern. Sie versprechen, schnell zu sein: In wenigen Minuten sind die per App bestellten Artikel an den Haustüren der Kundinnen und Kunden. Jedoch, kein einziger dieser "Online-Supermärkte“ macht zurzeit Gewinn. 

Eine Recherche von NDR und "Süddeutscher Zeitung" zeigte kürzlich, wie hart umkämpft der Markt der Lebensmittel-Lieferdienste ist. Gorillas machte internen Unterlagen zufolge allein im Januar 52 Millionen Euro Verluste, im Februar 57 Millionen Euro. Bei jeder Lieferung zahlt das Unternehmen demnach drauf: Eine Bestellung von zum Beispiel rund 27 Euro kostet Gorillas 32 Euro. 

Tausende Festanstellungen in Spanien

Die Lebensmittel-Lieferdienste sparen bei den Fahrerinnen und Fahrern. Die sogenannten Riders verdienen an der Mindestlohngrenze und arbeiten oftmals bis spät in die Nacht. Manchmal werden sie vom Arbeitgeber per App beobachtet, wie bei Lieferando, wie der Bayrische Rundfunk recherchiert hatte. Und meist sind die Riders scheinselbstständig, das heißt: Wie Festangestellte müssen sie die Anweisungen des Arbeitgebers befolgen, doch sie arbeiten offiziell in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung. 

In Spanien existiert daher seit einem Jahr ein sogenanntes Riders Law, das die Arbeitsbedingungen der Fahrerinnen und Fahrer verbessern soll. Dem Gesetz zufolge müssen die Arbeitgeber der Branche alle Riders festanstellen. "Damit bekommen sie zum Beispiel Kündigungsschutz, Arbeitslosenversicherung, Lohnfortzahlung im Falle einer Krankheit - alle sozialen Leistungen, die eben Festangestellte normalerweise bekommen“, berichtet Korrespondent Nicholas Buschschlüter aus dem ARD-Studio Madrid im Ideenimport. 

Tausende Fahrer seien in Spanien seither eingestellt worden, so Buschschlüter. Doch einige Firmen suchten nach Schlupflöchern, wie der Lebensmittel-Lieferdienst Glovo. Die spanische Regierung verhängte gegen Glovo eine Strafe von 79 Millionen Euro, weil das Unternehmen seine Riders weiterhin als selbstständig beschäftigt hatte. Glovo will gegen die Strafe gerichtlich vorgehen.

Fahrer des spanischen Lieferdienstes Glovo protestieren für bessere Arbeitsbedingungen

Protest mit Packtaschen: Im Sommer protestierten Rider des spanischen Lieferdienstes Glovo in Madrid für mehr soziale Rechte.

Ausruhen in umgebauten Kiosken

Auch in New York sollen neue Gesetze die Riders vor schlechten Arbeitsbedingungen schützen. Allein in diesem Sommer seien drei neue Gesetze auf den Weg gebracht worden, berichtet ARD-Korrespondentin Antje Passenheim. Eines untersagt den Unternehmen demnach, eine Lieferzeit von 15 Minuten zu versprechen. "Damit werden die Lieferanten so unter Druck gesetzt, dass viel zu viel passieren kann, Unfälle zum Beispiel", so Passenheim.

Die Arbeitsbedingungen der Riders seien in New York besonders hart, oft würden sie überfallen und oft gebe es Unfälle, sagt Passenheim. Doch mit ihren Protesten hatten die Riders Erfolg: So hätten sie sich zum Beispiel das Recht erstritten, dass ihnen die Trinkgelder ausgezahlt werden müssen. Die Stadt will außerdem leer stehende Kioske für die rund 65.000 New Yorker Kuriere in "Ausruh- und Auftankoasen" umbauen.

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Der tagesschau Auslandspodcast, Ideenimport, 28.10.2022 05:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtet der Auslandspodcast "Ideenreport" der tagesschau am 28. Oktober 2022.