Wichtige Termine abgesagt Wie steht es um Erdogans Gesundheit?
In der Türkei brodelt die Gerüchteküche: Denn Präsident Erdogan musste aus gesundheitlichen Gründen wichtige Termine absagen - und das mitten in der heißen Phase des Wahlkampfs.
"Nach Akkuyu werden wir schnell mit den Vorbereitungen für unser zweites und sogar drittes Atomkraftwerk beginnen", sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Denn nicht nur ein, sondern gleich drei Atomkraftwerke hat er seinem Land versprochen. Das erste von ihnen - das Atomkraftwerk Akkuyu an der Mittelmeerküste im Süden des Landes - sollte heute von ihm höchstpersönlich eingeweiht werden.
Eigentlich war das einer seiner wichtigsten Wahlkampftermine. Doch Erdogan konnte nicht persönlich dabei sein. Aus gesundheitlichen Gründen wurde der 69-Jährige nur per Video zugeschaltet. Das hatte sein Sprecher am Morgen angekündigt.
Ärzte haben Ruhe verordnet
Und das ist nicht der einzige Termin, den Erdogan mitten in der heißen Phase des Wahlkampfs absagen musste. Seit Dienstagabend hat er gesundheitliche Probleme, musste sogar ein Fernsehinterview unterbrechen. Die Gründe: eine schwere Magenverstimmung und ein anstrengender Wahlkampf. "Von Zeit zu Zeit werden wir auch mit solchen Situationen konfrontiert. Ich bitte Sie und unser Publikum um Verzeihung", erklärte Erdogan selbst.
Seitdem kann er an keiner Wahlkampfveranstaltung vor Ort teilnehmen. Die Ärzte hätten ihm Ruhe verordnet, postete er auf Twitter. Vertreten wurde Erdogan gestern von Vizepräsident Fuat Oktay.
Die Gerüchteküche brodelt
Und die Gerüchteküche kocht: Es gibt Spekulationen, dass Erdogan in ein Krankenhaus eingeliefert worden sei. Oder dass er gar einen Herzinfarkt erlitten habe. Diesen Gerüchten widersprach der Sprecher des Präsidenten jedoch. Aus regierungsnahen Kreisen heißt es: Ausländische Medien würden Falschmeldungen über Erdogans Gesundheitszustand verbreiten. Angeblich habe der Präsident nur eine leichte Erkältung - so wird zumindest Vize Oktay von der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu zitiert.
Es ist nicht das erste Mal, dass Erdogan wegen gesundheitlicher Probleme ausfällt. Immer wieder hat es in den letzten Jahren Spekulationen über seine Gesundheit gegeben: darunter Epilepsie, Diabetes, Darmkrebs.
Ehemaliger Arzt empfiehlt Ruhe
Auch Erdogans ehemaliger Arzt äußerte sich zu dessen Gesundheitszustand: Turhan Cömez. Cömez ist inzwischen Politiker in der Opposition, der patriotischen IYI-Partei. Er sagte in einem Interview auf Sözcü TV: "Als Arzt würde ich ihm raten, sich eine Zeit lang ernsthaft auszuruhen. Seine Gesundheit ist wichtiger als alles andere, und ich denke, es wäre besser für ihn, diesen Prozess mit etwas Ruhe zu anzugehen."
Denn der Wahlkampf hat ein ganz schönes Tempo aufgenommen - um die 40 Termine hatte Erdogan für die letzten zwei bis drei Wochen geplant. Das hat die Zeitung "Middle East Eye" berichtet. Denn viel Zeit bleibt ihm nicht mehr, um die Wahl klar für sich zu entscheiden.
Kopf-an-Kopf-Rennen mit Kilicdaroglu
Erdogan liefert sich in den Umfragen der letzten Wochen ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten der Opposition, Kemal Kilicdaroglu. Zuletzt lag Kilicdaroglu von der CHP sogar ein paar Prozentpunkte vor ihm.
Auch Kilicdaroglu wünscht dem türkischen Präsidenten gute Besserung. "Gleich nachdem ich von seinem Zustand erfuhr, habe ich ihm per Twitter 'Gute Besserung!' gewünscht", so Kilicdaroglu. "Wir mögen politische Konkurrenten sein, aber selbstverständlich wünschen wir auch unseren Konkurrenten Gesundheit. Sicherlich kümmern sich die Ärzte jetzt um ihn und tun alles, was getan werden muss. Was immer sie empfehlen, gilt es einzuhalten."