Inhaftierter US-Journalist Russland stellt Gershkovich vor Gericht
Seit mehr als einem Jahr sitzt Evan Gershkovich in Russland in Haft. Die Behörden hatten dem US-Reporter bisher nur Spionage vorgeworfen, ohne Details zu nennen. Nun präzisierte die Staatsanwaltschaft ihre Vorwürfe.
Dem US-Journalisten Evan Gershkovich, der wegen Spionagevorwürfen seit mehr als einem Jahr in Russland inhaftiert ist, soll in der Stadt Jekaterinburg der Prozess gemacht werden. Das teilte die russische Generalstaatsanwaltschaft in Moskau mit.
Demnach sei die Anklage gegen den Reporter des Wall Street Journals fertiggestellt. Der Fall werde vor dem Regionalgericht in Jekaterinburg im Ural verhandelt.
Staatsanwaltschaft: Spionage im Auftrag der CIA
Die Generalstaatsanwaltschaft warf Gershkovich vor, geheime Informationen über eine Einrichtung in Swerdlowsk zusammengetragen zu haben. Es sei um die Produktion und Reparatur von Rüstungsgütern in der Fabrik Uralvagonzavod in Nischni Tagil gegangen.
Dabei soll Gershkovich laut der Behörde im Auftrag des US-Auslandgeheimdienstes CIA gehandelt haben. Ein Sprecher teilte der Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit, Gershkovich sei bei seinem illegalen Tun nach allen Regeln der Konspiration vorgegangen.
Damit wurden erstmals konkrete Anschuldigungen gegen den US-Bürger vorgebracht, ohne jedoch Beweise vorzulegen. Ebenfalls gab es keine Angaben, wann der Prozess gegen Gershkovich beginnen soll.
Auf Recherchereise in Jekaterinburg festgenommen
Der 32 Jahre alte Gershkovich war Ende März 2023 auf einer Recherchereise in Jekaterinburg unter dem Vorwurf der Spionage festgenommen worden und sitzt seitdem in Moskau in Untersuchungshaft. Diese wurde bereits mehrfach verlängert. Der Reporter, sein Arbeitgeber und die US-Regierung haben die Spionagevorwürfe bestritten.
Der russische Geheimdienst FSB hatte nach der Festnahme von Gershkovich bereits behauptet, er habe auf Befehl der USA gehandelt, um Staatsgeheimnisse zu sammeln - Beweise legte der Geheimdienst aber auch damals nicht vor.
Angebot Washingtons abgelehnt
Gershkovich ist seit 1986 der erste US-Reporter, der in Russland unter Spionagevorwürfen festgenommen wurde. US-Präsident Joe Biden versprach, sich für ihn einzusetzen. Gershkovich gilt als Faustpfand, mit dem Moskau die USA unter Druck setzen kann. Die Festsetzung des Reporters wurde auch als Warnung an ausländische Korrespondenten verstanden, die trotz des Krieges gegen die Ukraine noch in Russland arbeiten.
Im Dezember hatte das Weiße Haus mitgeteilt, dass Moskau ein Angebot Washingtons abgelehnt habe, mit dem die Freilassung des Journalisten sowie eines weiteren in Haft sitzenden US-Amerikaners, Paul Whelan, erreicht werden sollte. Details des Angebots wurden nicht bekannt.
Putin deutete möglichen Austausch an
Kremlchef Wladimir Putin sprach die Möglichkeit eines Austauschs aber Anfang Februar in einem Interview an. "Es macht keinen Sinn, ihn in Russland im Gefängnis zu halten", sagte er. Die USA sollten darüber nachdenken, wie sie zu einer Lösung beitragen könnten.
Putins Äußerungen ließen sich so interpretieren, dass eine Freipressung des im Dezember 2021 verurteilten Tiergartenmörders Wadim K. gemeint sein könnte. Dieser hatte 2019 in Berlin einen Exil-Tschetschenen ermordet. K. soll den Mord im Auftrag staatlicher russischer Stellen verübt haben. Beide Fälle haben aber nichts miteinander zu tun und betreffen unterschiedliche Staaten.