Neuwahlen in Frankreich Ein Pakt gegen die Rechten?
In der ersten Runde der Neuwahlen in Frankreich hat der Rassemblement National triumphiert. Die entscheidende Runde steht noch bevor: Um die Rechtspopulisten zu schlagen, wollen Macrons Lager und die Linken nun aufeinander zugehen.
Das Ergebnis ist für das Bündnis von Präsident Emmanuel Macron desaströs. Viel später als zunächst angekündigt, trat Premierminister Gabriel Attal vor seinen Amtssitz und erklärte: "Die Lektion des heutigen Abends ist, dass der Rassemblement National vor den Toren der Macht steht. Niemals in unserer Geschichte ist die Nationalversammlung, unser Parlament, so sehr Gefahr gelaufen, von der extremen Rechten dominiert zu werden."
Klarer Wahlsieger der ersten Runde sind - wie vorhergesagt - der extrem rechte Rassemblement National (RN) und seine Verbündeten. Sie kommen auf 33 Prozent der Stimmen und werden ihren Anteil an Sitzen im Parlament aller Voraussicht nach sprunghaft steigern können. Macrons Mitte-Lager kam auf 20 Prozent.
Le Pen: "Franzosen wollen neues Kapitel aufschlagen"
"Die Demokratie hat gesprochen, und die Franzosen haben uns an die Spitze gewählt und das Macron-Lager quasi ausgelöscht", sagte die dreimalige Präsidentschaftskandidatin des RN, Marine Le Pen, vor ihren Anhängern. Die hohe Wahlbeteiligung mache dieses Ergebnis umso wertvoller. "Die Franzosen haben Zeugnis darüber abgelegt, dass sie nach sieben Jahren der Missachtung und Zersetzung ein neues Kapitel aufschlagen wollen."
Insgesamt haben gut neun Millionen Menschen für den RN gestimmt. Das sind mehr als doppelt so viele wie bei den Parlamentswahlen 2022. Auch das linke Bündnis Nouveau Front Populaire konnte Stimmen hinzugewinnen, mit 28 Prozent ziehen viele linke Kandidaten in die Stichwahl am kommenden Sonntag ein.
Da aber nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt wird, bekommt nur derjenige einen Sitz im Parlament, der entweder in der ersten Runde die absolute Mehrheit in seinem Wahlkreis errungen hat oder aber in der Stichwahl als Bestplatzierter abschneidet. Nach dem Prinzip: The winner takes it all.
Linke und Macron-Partei nähern sich an
Das linke Bündnis hatte bereits im Vorfeld angedeutet, sich in allen Wahlkreisen zurückziehen zu wollen, wo ein Macron-Kandidat besser platziert ist, um den Rassemblement National zu schlagen. Diese Haltung wurde am Abend offiziell bestätigt. Das Referendum entscheide über folgende Frage, so der Wortführer der Gemäßigten innerhalb des Linksbündnisses, Raphael Glucksmann: "Wollen wir, dass die extreme Rechte das erste Mal in diesem Land die Macht an den Urnen ergreift?"
Beschwörend klangen diese Worte, hatte doch Präsident Macron im Wahlkampf immer wieder das linke Bündnis für genauso gefährlich erklärt wie das extrem rechte Bündnis. Erst spät am Abend dann gab Premier Attal grünes Licht. Auch das Präsidentenlager ist nun umgekehrt dazu bereit, seine Kandidaten zurückzuziehen, sollte ein Kandidat der linken Volksfront bessere Chancen haben, gegen den RN zu gewinnen.
Entscheidender Wahlgang am Sonntag
Während am Abend linke Anhänger auf die Place de la République in Paris strömten, um vor dem Rassemblement zu warnen, erklärte sich dessen Chef Jordan Bardella zum einzig wahres Bollwerk gegen die Linke.
"Was hier zur Wahl steht, ist völlig klar", sagte er. "Auf der einen Seite die schlimme linke Allianz, die zu Unordnung, Aufstand und Ruin führt. Auf der anderen Seite unser rechtes Bündnis der nationalen Einheit. Wir sind nun der einzige republikanische und patriotische Wall, der unsere Institutionen schützen, die Sicherheit wiederherstellen, Steuergerechtigkeit garantieren und die Arbeit verteidigen kann."
Erst nach dem entscheidenden zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag wird klar sein, ob eines der Bündnisse die absolute Mehrheit erringen kann - oder ob ein Lager mit einfacher Mehrheit versuchen muss, wechselnde Allianzen zu schmieden, um das Land zu regieren.