Urteil des EuGH Datenschutz bei personenbezogener Online-Werbung gestärkt
Wer auf Internetseiten den Cookies zustimmt, gibt persönliche Informationen von sich preis. Die bisherige Erfassung dieser Daten zu Werbezwecken verstoße gegen den Datenschutz, urteilte der EuGH.
Wer im Internet surft, kennt das: Da öffnet sich ein Cookie-Banner und dann heißt es klicken, um den störenden Banner zu beseitigen. Entweder "zustimmen" oder "ablehnen", häufig öffnet sich auch noch neue Seite, auf der man einzeln bestimmen kann, welche Informationen genau wie verarbeitet werden dürfen. Viele wissen aber nicht, was dann passiert.
Aus den Klicks wird ein sogenannter TC-String erstellt, eine lange Kennung aus vielen Buchstaben und Zahlen. Unter anderem durch diese Kennung lässt sich derjenige, der da surft, identifizieren. Wo die Person sich aufhält, wie alt sie ist, was sie in letzter Zeit im Netz alles gesucht hat und was sie zuletzt gekauft hat.
Daten versteigert im Real-Time-Bidding-Verfahren
Anhand dieser Kennung wird dann die Werbung auf der Internetseite geschaltet, und zwar in rasender Geschwindigkeit. Die Freiflächen der Seite werden versteigert im sogenannten Real-Time-Bidding-Verfahren, also in einer Echtzeit-Versteigerung. Und während sich die Seite aufbaut, erscheint dann schon die für den jeweiligen Nutzer passende Werbung.
Für die Rechtsprofessorin Indra Spiecker ein sehr passgenaues System: "Es ist auf Sie, auf die Gruppe, der Sie angehören, genau zugeschnitten. Sie bekommen deswegen auch andere Angebote angezeigt als Ihre Nachbarin, Ihr Mann, Ihre Kinder, Freunde und so weiter".
Betreut wird dieses ganze System in Europa von einem Verband, der in Belgien sitzt, der IAB (Interactive Advertising Bureau) Europe heißt. Seine Mitglieder sind vor allem Unternehmen der digitalen Werbe- und Marketingindustrie, also zum Beispiel Verlage und E-Commerce-Firmen, die durch den Verkauf von Werbeplätzen auf Websites Geld verdienen.
EuGH stärkt Sichtweise der Datenschützer
Nun war die belgische Datenschutzbehörde mit dem System nicht einverstanden und verhängte ein Bußgeld in Höhe von 250.000 Euro. Der Verband klagte dagegen und der Europäische Gerichtshof in Luxemburg als oberstes EU-Gericht hatte darüber zu entscheiden. Der EuGH bestätigt die Sichtweise der Datenschützer: Ja, es würden hier trotz der Verpackung in einem langen TC-String mit vielen Buchstaben und Zahlen persönliche Daten erhoben.
Für Rechtsprofessorin Spieker ist logisch, dass das System der Verschlüsselung die europäischen Richter nicht überzeugt: "Das kann eigentlich auch gar nicht anders sein, weil man gerade wissen will, an welche Nutzerin, welchen Nutzer bringe ich jetzt mein Produkt? Und dazu will man ja gerade wissen, wie die Nutzerin, dieser Nutzer beschaffen ist".
Nutzerdatenerfassung geht in Europa so nicht weiter
Noch ist der Rechtsstreit nicht beendet. Die belgischen Gerichte müssen nach den Anweisungen aus Luxemburg genauer prüfen, ob der Verband der Werbeindustrie wirklich verantwortlich ist. Aber die europäischen Richterinnen und Richter haben klare Vorgaben gemacht. Solch eine Überwachung der Internetnutzer ist genau von den Gerichten zu überprüfen. "Die Kernbotschaft ist, wir lassen nicht zu, dass mithilfe der Technik die Nutzerinnen und Nutzer doch manipulierbar werden und bleiben. Und das ist eine ganz zentrale Botschaft", so Spieker.
Auch wenn das Gerichtsverfahren noch nicht endgültig abgeschlossen ist, scheint jetzt schon sehr naheliegend, dass es mit der bisherigen Erfassung der Internetnutzer so nicht weitergehen kann. Die Industrie müsste vermutlich schon jetzt darüber nachdenken, wie sie auf anderem Weg Werbung möglichst zielgenau platzieren kann.
Maßgeschneiderte Botschaften für Nutzer bei Wahlkämpfen
Wichtig ist das Urteil des EuGH übrigens nicht nur für den rein kommerziellen Verkauf. Denn auch für politische Wahlkämpfe werden jetzt schon maßgeschneiderte Botschaften an Nutzer verbreitet. Mit dieser Entscheidung wird es auch hier schwieriger werden, politische Haltungen und Vorlieben der Internetnutzer zu erfassen.