Nach EU-Entscheidung Auch G7 beschließen Preisgrenze für russisches Öl
Russland macht mit Ölexporten weiterhin Milliarden-Gewinne. Mit einem Preisdeckel von 60 Dollar pro Barrel wollen die EU, die G7-Staaten und Australien Moskau nun dazu zwingen, Erdöl unter Marktpreis zu verkaufen.
Nach der Einigung der Europäischen Union haben auch die G7-Staaten und Australien eine Preisobergrenze von 60 Dollar je Fass für russisches Öl festgesetzt, das über den Seeweg transportiert wird. Diese solle am Montag "oder sehr bald danach" in Kraft treten, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.
Die Preisobergrenze soll Russlands Einnahmen aus dem Ölverkauf verringern und gleichzeitig einen Anstieg der weltweiten Ölpreise nach dem Inkrafttreten eines EU-Embargos für russisches Rohöl am 5. Dezember verhindern. Die G7 hatten die Preisobergrenze für russisches Öl bereits Anfang September angestoßen, nach der entsprechenden EU-Einigung wurde sie nun beschlossen. Zu den G7 gehören neben Deutschland auch die USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Italien und Japan.
Mit der Entscheidung setze man das Versprechen der Staats- und Regierungschefs der G7 von ihrem Gipfel auf Schloss Elmau in Bayern im Juni dieses Jahres um, "Russland daran zu hindern, von seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine zu profitieren", hieß es. Zudem sollten so globale Energiemärkte stabilisiert und negative Auswirkungen auf ärmere Länder minimiert werden, die am meisten unter dem Krieg von Kremlchef Wladimir Putin litten.
Russlands Einnahmen "signifikant reduzieren"
Zuvor hatte sich die EU nach langen Verhandlungen auf den Preisdeckel von 60 Dollar pro Barrel geeinigt, das an Drittstaaten verkauft wird. Damit will die EU Russland dazu zwingen, Erdöl künftig unter Marktpreis an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Der Preis von umgerechnet etwa 57 Euro pro 159 Liter würde dann um bis zu neun Euro unter dem jüngsten Marktpreis für russisches Rohöl der Sorte Urals liegen.
Um die Preisobergrenze durchzusetzen, soll geregelt werden, dass für russische Ölexporte wichtige Dienstleistungen künftig nur noch dann ungestraft geleistet werden dürfen, wenn der Preis des exportierten Öls die Preisobergrenze nicht überschreitet. Westliche Reedereien könnten mit ihren Schiffen damit weiterhin russisches Öl in Drittstaaten wie Indien transportieren. Auch soll die Regelung für andere wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen, technische Hilfe sowie Finanzierungs- und Vermittlungsdienste gelten.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, die Preisobergrenze werde Russlands Einnahmen "signifikant reduzieren". Zudem werde sie helfen, die globalen Energiepreise zu stabilisieren, was den Schwellenländern weltweit zugutekommen werde.
Preisdeckel soll Öl-Embargo ergänzen
Um auf Marktentwicklungen reagieren zu können, sehen die Pläne vor, die Preisobergrenze etwa alle zwei Monate zu überprüfen. Sie soll immer um mindestens fünf Prozent unter einem von der Internationalen Energieagentur (IEA) ermittelten Durchschnittspreis liegen. Neben der EU sind Länder wie die USA, Großbritannien, Kanada, Japan und Australien bei dem Projekt dabei. Die Preisobergrenze soll das bereits im Juni von der EU beschlossene Öl-Embargo gegen Russland ergänzen. Dieses sieht unter anderem vor, den Erwerb, die Einfuhr oder die Weiterleitung von Rohöl und bestimmten Erdölerzeugnissen aus Russland in die EU zu verbieten. Die Beschränkungen gelten ab dem 5. Dezember für Rohöl und ab dem 5. Februar 2023 für andere Erdölerzeugnisse. Es gibt allerdings einige Ausnahmeregelungen zum Beispiel für Ungarn.
Schwierige Verhandlungen
Schwieriger als erwartet gestalteten sich zuletzt allerdings die Verhandlungen über die konkrete Preisobergrenze. Polen forderte bei den Gesprächen zunächst mit Unterstützung baltischer Staaten, eine Preisobergrenze von unter 30 Dollar pro Barrel festzusetzen und so an den geschätzten Produktionskosten von 20 bis 40 Dollar pro Barrel zu bleiben.
Unterstützt wurde die Regierung in Warschau dabei von der Ukraine. So sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in der vergangenen Woche, ein Preis von bis zu 30 Dollar wäre möglich. Gegen eine so niedrige Preisgrenze waren allerdings insbesondere Staaten wie Griechenland und Malta. Sie befürchten, dass eine zu niedrige Preisgrenze dazu führen könnte, dass in ihren Ländern angesiedelte Reedereien Pleite gehen, weil Russland sich weigern könnte, sein Rohöl zu einem sehr niedrigen Preis zu verkaufen.
Estlands Regierungschefin Kallas teilte nach der Einigung in Brüssel mit, Teil des Deals sei auch die schnelle Verabschiedung eines neunten Pakets mit anderen Sanktionen gegen Russland. Dazu soll es nach Angaben von EU-Beamten bereits am Wochenende neue Koordinierungsgespräche geben.
USA begrüßen EU-Einigung
Die US-Regierung begrüßte die Einigung der EU auf den Preisdeckel. "Das ist eine gute Nachricht", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby. US-Präsident Joe Biden habe sich beim G7-Gipfel im Sommer sehr nachdrücklich dafür eingesetzt. "Wir glauben, dass die Preisobergrenze die gewünschte Wirkung haben wird, indem sie die Möglichkeiten von Herrn Putin einschränkt, aus den Ölverkäufen Profit zu schlagen und seine Fähigkeit einschränkt, dieses Geld weiterhin zur Finanzierung seiner Kriegsmaschinerie zu verwenden", sagte Kirby mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Krieg gegen die Ukraine.
Auch US-Finanzministerin Janet Yellen begrüßte die Preisobergrenze: "Da die russische Wirtschaft bereits schrumpft und der Haushalt immer knapper wird, wird die Preisobergrenze Putins wichtigste Einnahmequelle sofort beschneiden."
Moskau: EU gefährdet Energiesicherheit
Aus Moskau kam Kritik: Nach Meinung des prominenten russischen Außenpolitikers und Duma-Abgeordneten Leonid Sluzki gefährdet die EU mit dem Preisdeckel ihre Energiesicherheit. Daneben verstoße die EU auch gegen die Marktgesetze, wie die Staatsagentur Tass über die Reaktion Sluzkis berichtete. "Sie haben keinen Deckel eingeführt, sondern wieder den Boden durchbrochen." Und dies alles, um "die Ambitionen von Übersee-Partnern zu befriedigen", sagte Sluzki mit Blick auf die USA. "Doch von dort können die Europäer keine Hilfe erwarten." Sluzki leitet in der Staatsduma den Auswärtigen Ausschuss.