EVP stimmt mit Rechtspopulisten Fällt die "Brandmauer" im EU-Parlament?
Im EU-Parlament gibt es Streit über eine - auf den ersten Blick eher harmlose - Resolution zu Venezuela. Denn die konservative EVP-Fraktion hat dafür mit Rechtspopulisten zusammengearbeitet. Kritiker sehen einen Tabubruch.
Streit im EU-Parlament: Es geht um eine vor allem symbolische Resolution zu Venezuela, die am Donnerstag verabschiedet wurde. Die Ja-Stimmen kamen von der rechtspopulistischen EKR, den beiden rechtsaußen Fraktionen der Patrioten für Europa sowie Souveränen Nationen, in der die deutschen AfD-Abgeordneten den Ton angeben, und der christdemokratischen EVP, der größten Fraktion, zu der auch die deutsche CDU/CSU- Gruppe gehört.
Und da liege das Problem, sagt der FDP-Europaparlamentarier Moritz Körner: "Die CDU koaliert im neuen Europaparlament ungeniert mit den Ultrarechten", kritisiert er und fügt hinzu: "Gerade bei einem Thema wie die autokratischen Verhältnisse in Venezuela hätte es ja die Möglichkeit gegeben, mit den Liberalen einen gemeinsamen kritischen Text zu verfassen."
Nicht noch einmal in eine diplomatische Falle tappen
Eine Resolution gegen den venezolanischen Autokraten Nicolás Maduro hätten Liberale genauso wie Sozialdemokraten und Grüne mitgetragen. Nur wollte man nicht noch einmal übereilt einen venezolanischen Oppositionsführer offiziell als Wahlsieger anerkennen, so wie 2019, als auch mehrere EU-Staaten Juan Gaidó zum Präsidenten erklärten, was sich dann als strategischer und diplomatischer Fehler erwies.
Die Christdemokraten im EU-Parlament wollten das aber nicht gelten lassen - und brachten gemeinsam mit den Rechtsaußen im Parlament einen Resolutionstext ein.
"Historischer Dammbruch"
Das sei ein Tabubruch, meint nicht nur der grüne Europaparlamentarier Daniel Freund: "Zum allerersten Mal überhaupt haben Konservative und Rechtsextreme gemeinsam einen Text eingebracht, also nicht nur zusammen abgestimmt, sondern wirklich sich auf einen gemeinsamen Text geeinigt."
Freund nennt das einen "historischen Dammbruch". Außerdem zeige das Abstimmverhalten, dass das Wahlkampfversprechen der EVP, dass es keine Zusammenarbeit mit Politikern und Fraktionen geben werde, die nicht pro EU, pro Rechtsstaat und pro Ukraine sind, Makulatur sei.
Diese Abstimmung werfe einen dunklen Schatten auf die kommende Legislaturperiode, sagt auch René Repasi. Er ist der Sprecher der deutschen Sozialdemokraten im EU-Parlament. "Bereits in der zweiten Plenarperiode der neuen Legislaturperiode zeigen die Christdemokraten und die EVP, was von ihrer Brandmauer gegenüber Rechtsaußen zu halten ist: nämlich nichts. Und Fraktionschef Manfred Weber war bei der Abstimmung noch nicht einmal im Plenarsaal, um persönlich Verantwortung zu übernehmen."
Reißen die Konservativen die Brandmauer ein?
Die Christdemokraten sehen sich nun dem Vorwurf ausgesetzt, den so genannten "Cordon Sanitaire" - das ist französisch und bezeichnet in der Sprache der Politik die klare Abgrenzung von einem politischen Gegner - gegen die extreme Rechte aufgegeben zu haben, um die eher wirkungslose Venezuela-Resolution zu verabschieden.
Tatsächlich ist nach der Wahl im Juni das EU-Parlament klar nach rechts gerutscht, und es ist nicht auszuschließen, dass die EVP-Fraktion künftig eher eine feste Mehrheit mit den Rechtsaußen suchen wird.