Eurovision Song Contest Alle reden über Sicherheit und Politik
Die Proben laufen bereits auf Hochtouren, doch der Krieg in Nahost wirft einen Schatten auf den ESC in Malmö. Die Stimmung ist angespannt, die Polizei in Alarmbereitschaft.
Die Künstlerinnen und Künstler sind schon in Malmö angekommen. Die Tage sind vollgeplant mit Presseterminen, Proben und Fotoshootings. Auch der deutsche Kandidat Isaak läuft sich schon warm. Mit "Always on the run" tritt der 29-Jährige für Deutschland an. Beim Halbfinale am Dienstag singt er aber außer Konkurrenz. Seine Finalteilnahme ist schon ausgemachte Sache, Deutschland hat hier immer einen festen Platz. "Ich bin aufgeregt, aber nicht nervös", sagt er. "Es macht sich freudige Erwartung breit in mir."
Großdemonstrationen erwartet
Fans aus mehr als 80 Ländern werden in diesen Tagen zum Eurovision Song Contest (ESC) in Malmö erwartet. Doch wie fröhlich und ausgelassen die Veranstaltung am Ende sein wird, das ist unklar. Denn im Moment dreht sich alles um Fragen der Sicherheit und mögliche Ausschreitungen.
Der Grund: Israels Teilnahme löst starke Reaktionen aus. Bei Großdemonstrationen - sowohl pro-palästinensische als auch pro-israelische - werden in den kommenden Tagen jeweils 40.000 Menschen erwartet. Die schwedische Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort, hat zusätzlich Verstärkung aus Dänemark und Norwegen angefordert.
Die EBU bemüht sich um Neutralität
Die Europäische Rundfunkunion (EBU), Veranstalterin des ESC, betont auf ihrer Internetseite: "Beim Eurovision Song Contest handelt es sich um eine unpolitische Musikveranstaltung und einen Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die Mitglieder der Europäischen Rundfunkunion sind. Es ist kein Wettbewerb zwischen Regierungen."
Auch wenn man die "Sorgen und tief verwurzelten Ansichten" rund um den Konflikt im Nahen Osten verstehe, die Musik solle beim ESC im Vordergrund stehen. Deshalb sind Palästinaflaggen während der Veranstaltung verboten - und die israelische Teilnehmerin Eden Golan musste ihren Song überarbeiten. Ihr Lied habe an einigen Stellen eindeutige Hinweise auf die von der Hamas in Israel verübten Massaker vom 7. Oktober enthalten, so die Begründung.
Israels Regierung hat eine Reisewarnung für Malmö ausgesprochen. Die israelische Delegation wird aus Sicherheitsgründen an einem geheimen Ort untergebracht und nur die wichtigsten öffentlichen Termine wahrnehmen.
Malmö besonders heikel
Magnus Ranstorp, Terrorexperte bei der militärischen Hochschule für Verteidigung betont, dass Malmö als Austragungsort besonders heikel sei. "In Malmö leben sehr viele Palästinenser und Menschen mit anderem Migrationshintergrund, was die Situation extra anheizt", erklärt er. "Dazu kommt: Die Arena liegt am Rande der Stadt. Es ist eine sehr komplexe Situation für die Sicherheit."
Zudem könnten offenbar mehrere öffentliche Koranschändungen stattfinden. Mindestens eine solche Aktion wurde bereits von der Polizei genehmigt, eine fand bereits am Freitag statt. Dabei wurde auch eine palästinensische Flagge in Brand gesetzt. Schweden hat ein ausgeprägtes Meinungsfreiheitsgesetz. Behörden können Demonstrationen und Koranverbrennungen fast nie ablehnen.
Seit Sommer gilt die zweithöchste Terrorwarnstufe
Die zahlreichen öffentlichen Schändungen von Koranausgaben in den vergangenen zwei Jahren sind auch ein Grund, weshalb Schweden stärker in den Fokus von Terrorgruppen gerückt ist. Im August vergangenen Jahres wurde die Warnstufe auf die zweithöchste im Land angehoben. "All diese Zutaten schaffen einen perfekten Sturm", sagt Terrorexperte Ranstorp. "In der Arena selbst ist die Sicherheit sehr hoch, daran hat man lange gearbeitet. Aber auch dort wird es bestimmt Personen geben, die die Veranstaltung stören wollen. Damit muss man rechnen."
Der deutsche ESC-Kandidat Isaak will sich von den Diskussionen und Sicherheitsbedenken nicht die Laune verderben lassen. Wir sind ein Musik-Wettbewerb - "United by Music" ist das Motto, sagt er. "Mich schüchtert es nicht ein. Es ist was es ist." Er und viele Menschen in Malmö hoffen auf ein friedliches, buntes Musikfest.