Zwei Schweden erschossen Anschlag in Brüssel - höchste Terrorwarnstufe
Ein mutmaßlicher Islamist hat in der belgischen Hauptstadt zwei schwedische Staatsbürger erschossen. Der Täter ist weiter auf der Flucht, konnte aber identifiziert werden. In Brüssel gilt die höchste Terrorwarnstufe.
Nach den tödlichen Schüssen auf zwei Menschen in Brüssel wurde am Montagabend die höchste Terrorwarnstufe für die belgische Hauptstadt ausgerufen. Im Rest des Landes wurde sie auf die zweithöchste Stufe gesetzt. Bei den Opfern handelt es sich laut Premierminister Alexander De Croo um zwei Schweden. Schwedens Außenminister Tobias Billström erklärte auf X (ehemals Twitter), dass es sich um Fußballfans gehandelt habe. Sie starben rund fünf Kilometer entfernt vom Brüsseler Fußballstadion, wo die Nationalmannschaften Belgiens und Schwedens in einem EM-Qualifikationsspiel gegeneinander spielten.
Die Ermittlungen wurden laut der Staatsanwaltschaft an die für Terrorismus zuständige Bundesstaatsanwaltschaft übergeben. Eric Van Duyse, Sprecher der Bundesanwaltschaft, sagte gegenüber Reportern, die Ermittlungen konzentrierten sich auf "ein mögliches terroristisches Motiv".
Täter wird noch gesucht
Der mutmaßliche Täter ist weiter auf der Flucht. In der Nacht hieß es, Ermittler hätten einen mutmaßlichen Tatverdächtigen identifiziert. Das berichtete die belgische Nachrichtenagentur Belga unter Berufung auf die Bundesstaatsanwaltschaft.
De Croo sagte am frühen Morgen, es solle sich um einen Mann tunesischer Herkunft handeln, der sich illegal in Belgien aufgehalten habe. Einigen behördlichen Quellen zufolge soll er in Tunesien bereits wegen terroristischer Straftaten bekannt sein.
Verstärkte Polizeipräsenz
Weil die Bedrohungslage für Brüssel auf die höchste Stufe hochgestuft worden sei, werde es nun eine verstärkte Polizeipräsenz geben, so De Croo am Morgen. Auch an einer Reihe von sensiblen Orten, insbesondere an Orten, die mit der schwedischen Gemeinschaft in Verbindung stehen, würden verstärkte Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt. Auch im restlichen Land gebe es verstärkte Kontrollen. De Croo rief alle Menschen in Brüssel zu erhöhter Wachsamkeit auf. Am Nachmittag soll der nationale Sicherheitsrat zusammenkommen.
Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson rief seine Landsleute in Belgien zur Vorsicht und Wachsamkeit auf. De Croo drückte Kristersson sein aufrichtiges Beileid aus: "Als enge Partner ist der Kampf gegen den Terrorismus ein gemeinsamer Kampf."
Mutmaßlicher Täter machte offenbar Bekennervideo
Die Tat ereignete sich um kurz nach 19 Uhr in der Nähe des Place Sainctelette im Norden der belgischen Hauptstadt. Laut der Nachrichtenagentur Belga war ein bewaffneter Mann von einem Roller abgestiegen und hatte auf der Straße Schüsse abgegeben. Als mehrere Menschen in einen Hauseingang flohen, soll er sie verfolgt und auf sie geschossen haben. Die Polizei bestätigte diese Angaben bislang nicht. Ein drittes Opfer, ein Taxifahrer, ist laut Staatsanwaltschaft außer Lebensgefahr.
ARD-Korrespondent Markus Preiß berichtete, vom mutmaßlichen Täter gebe es offenbar ein Bekennervideo. Darin sagt er, dass er ein Kämpfer des "Islamischen Staats" sei und spricht in dem Video von "drei Schweden", die er getötet habe. Laut offiziellen Angaben wurden jedoch zwei Menschen getötet.
Die Nachrichtenagentur Belga zitierte einen Sprecher der Bundesstaatsanwaltschaft, wonach die schwedische Staatsangehörigkeit der Opfer eine Motivation für die Tat sein könnte. In diesem Jahr hatten Menschen in Schweden und später auch in Dänemark mehrmals Koran-Exemplare verbrannt und damit wütende Reaktionen unter Muslimen ausgelöst.
EM-Qualifikationsspiel abgebrochen
Bei dem EM-Qualifikationsspiel verbreitete sich die Nachricht vom Tod der beiden Schweden in der Halbzeit. Nach Angaben des schwedischen TV-Senders SVT hätten die Spieler der schwedischen Nationalmannschaft daraufhin beschlossen, das Spiel nicht fortzusetzen. Die belgischen Nationalspieler hätten sich dem angeschlossen. Das Spiel wurde nach der Halbzeit abgebrochen. Etwa 35.000 Menschen mussten aus Sicherheitsgründen zunächst im Brüsseler Fußballstadion ausharren, bis sie das Stadion verlassen durften. Kurz vor Mitternacht gab das Krisenzentrum bekannt, dass die Gäste-Fans das Stadion verlassen dürfen.
Frankreich verschärft Grenzkontrollen
Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin kündigte an, die Grenzkontrollen zum Nachbarland Belgien verschärfen zu wollen. Am Freitag war an einer Schule in Nordfrankreich ein Französischlehrer von einem radikalisierten ehemaligen Schüler getötet worden.
Brüssel sei erneut von einem "islamistischen Terroranschlag" heimgesucht worden, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron. Europa sei erschüttert, sagte Macron.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem "feigen Anschlag" und drückte den Menschen in Schweden gegenüber ihr Beileid aus. Der belgische EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb auf X: "Das Herz Europas wird von Gewalt getroffen. Mein Mitgefühl gilt den Familien der Opfer des tödlichen Anschlags im Zentrum von Brüssel." Der belgische Königspalast zeigte sich "schockiert" und drückte seine "Unterstützung für die Sicherheitskräfte aus, die alles tun, um den Urheber der Taten zu fassen", hieß es auf X.
Es ist nicht das erste Mal, dass in Brüssel Menschen Opfer eines Anschlags werden. Erst vor rund vier Wochen endete der Prozess zu den Brüsseler Terroranschlägen von 2016. Drei Selbstmordattentäter der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) hatten damals Bomben am Brüsseler Flughafen Zaventem sowie in einer U-Bahn-Station im Herzen der belgischen Hauptstadt gezündet. Sie töteten mehr als 30 Menschen, 340 wurden verletzt.
Mit Informationen von Kathrin Schmid und Markus Preiß, ARD-Studio Brüssel