Hintergrund Das geplante EU-Klimachutzpaket
Auf ihrem Gipfeltreffen in Brüssel wollen die EU-Staats- und Regierungschefs ein neues Klimaschutzpaket verabschieden. Umstritten ist aber der Weg, wie die bereits vereinbarten Klima-Ziele erreicht werden sollen. Eine Zusammenstellung der bereits vereinbarten und der strittigen Punkte.
Auf ihrem Gipfeltreffen in Brüssel wollen die EU-Staats- und Regierungschefs ein neues Klimaschutzpaket verabschieden. Bis Freitag Vormittag sollen wichtige Änderungen beschlossen werden. Besonders umstritten ist der Weg, wie die bereits vereinbarten Ziele zum Klimaschutz erreicht werden sollen. Eine Zusammenstellung der bereits vereinbarten und der strittigen Punkte.
Bereits beschlossen:
KLIMAZIEL: Die EU will den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) bis 2020 um ein Fünftel im Vergleich zu 1990 senken.
ÖKO-ENERGIEN: Der Anteil von Biokraftstoffen soll bis 2020 auf 10 Prozent steigen. Der Anteil erneuerbarer Energien wie Sonne und Wind soll auf durchschnittlich 20 Prozent angehoben werden. Dabei soll Deutschland den Anteil "grüner" Energien auf 18 Prozent verdoppeln.
ENERGIE-EFFIZIENZ: Bis 2020 sollen die Europäer um 20 Prozent weniger Energie verbrauchen, als dies ohne das EU-Klimapaket der Fall wäre. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen beispielsweise ab 2012 Glühbirnen zugunsten von Energiesparbirnen aus dem Handel verschwinden.
DAS 30-PROZENT-ZIEL: Sollte 2009 in Kopenhagen ein neues Weltklimaabkommen vereinbart werden, will die EU unter bestimmten Bedingungen ihren CO2-Ausstoß sogar um 30 Prozent reduzieren.
Die geplante Umsetzung:
Die vereinbarten Klimaziele sollen vor allem durch CO2-Einsparungen in zwei Kernbereichen erreicht werden. Dabei unterscheidet die EU-Kommission zwischen dem umstrittenen Emissionhandel für die Industrie ("Emission Trading Systems", kurz ETS) und notwendigen Maßnahmen der Mitgliedsstaaten, sogenannten "Non-ETS"-Maßnahmen.
ETS: Die Industrie soll mittels Emissionshandel zu einer CO2-Reduktion von 21 Prozent gegenüber dem Jahr 2005 gewungen werden. Grundsätzlich gilt: Jeder Betrieb darf nur so viel CO2 ausstoßen, wie er Rechte hat. Gibt der Betrieb mehr Schadstoffe ab, müssen dafür Rechte von einem sparsameren Betrieb erworben werden.
NON-ETS: Die EU-Mitgliedssländer sollen bis 2020 mittels Wärmedämmung, Abfallmanagement oder bessere Nahverkehrslösungen ihren CO2-Ausstoß im Schnitt um zehn Prozent gegenüber 2005 absenken.
Jedes Mitgliedsland bekommt dabei eine individuelle Quote zugeteilt. So soll Deutschland seinen CO2-Ausstoß in den Bereichen Gebäuden, Landwirtschaft, Verkehr und Abfallwirtschaft gegenüber 2005 um 14 Prozent reduzieren. Erfüllt ein Land seine Verpflichtung nicht, kann die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Für Länder mit wirtschaftlichem Aufholbedarf gelten dagegen Ausnahmen: Sie dürfen ihren CO2-Ausstoß bis 2020 sogar noch erhöhen.
KOSTEN: Nach Angaben der EU-Kommission wird der Klimaschutz jeden EU-Bürger drei Euro pro Woche kosten. Die Gesamtrechnung liegt bei mindestens 60 Milliarden Euro pro Jahr.
Noch strittig:
AUSWEITUNG DES EMISSIONSHANDELS: Ab 2013 sollen Unternehmen ihre Emissionsrechte kaufen und nicht mehr überwiegend kostenlos erhalten. Die Erlöse von geschätzten 30-50 Milliarden Euro sollen an die Mitgliedsstaaten fließen.
Die Bundesregierung fürchtet eine Abwanderung von Branchen wie Stahl, Chemie, Keramik und Zement in Länder ohne CO2-Auflagen. Sie will deshalb Gratis-Verschmutzungsrechte an weite Teile der deutschen Industrie vergeben. Auch Polen und Italien fordern Sonderrechte und drohten deshalb mit einem Veto gegen das Klimapaket.
EINIGUNG AUF ENERGIEINTENSIVE SEKTOREN: Besonders energieintensive Industrien sollen auch künftig mehr Emissionsrechte erhalten. Welche Sektoren davon profitieren, will die EU-Kommission erst 2010 festlegen. Berlin fordert dagegen, schon früher die energieintensiven Sektoren zu benennen.
SOLIDARITÄT MIT DEM OSTEN: Deutschland, Großbritannien und andere westliche EU-Staaten wehren sich gegen einen Solidaritäts-Fonds für Osteuropa. Bislang ist geplant, zehn Prozent der Erlöse aus dem Emissionshandel an Länder zu geben, die bei Klima-Technologien hinterher hinken.
Umstritten sind auch die von der EU geplanten Ausnahmen für die Versteigerung von Emissionszertifikaten für Stromproduzenten in Osteuropa. Durch die Einführung von Emissionsscheinen fürchten Länder wie Polen einen deutlichen Anstieg ihrer Energiepreise. Denn das Land bezieht gut 95 Prozent seines Stroms aus der schadstoffreichen Kohleverwertung. Die EU-Kommission setzt auf Kompromisse, um eine Einigung mit den östlichen Mitgliedsländern zu erzielen.