Deutsche EU-Zahlungen "Bis zu zwölf Milliarden Euro on top"
Die neuen EU-Haushaltspläne sehen deutlich höhere Ausgaben für Deutschland vor. Bis zu zwölf Milliarden Euro mehr pro Jahr müsse Berlin nach Brüssel überweisen, sagte der zuständige EU-Kommissar Oettinger der ARD.
Auf Deutschland kommen massive Mehrausgaben für die EU zu. Der zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger sagte der ARD, dass er bei seinen Haushaltsplänen für die Jahre 2021 bis 2027 mit höheren Zahlungen von Berlin rechne. Er gehe von "elf bis zwölf Milliarden Euro pro Jahr on top" aus.
3,5 bis vier Milliarden Euro davon seien notwendig, um die zu erwartende Brexit-Lücke im Budget zu schließen und neue Aufgaben wie den Außengrenzschutz zu finanzieren, sagte Oettinger. Der Rest werde fällig, weil die Inflation ausgeglichen werden müsse.
Bisher zahle Deutschland jährlich etwa 35 Milliarden an die EU. Berlin hat bereits angekündigt, grundsätzlich zu höheren Beiträgen bereit zu sein. Die Zusage steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die EU sich auf "Aufgaben der Zukunft mit europäischem Mehrwert" konzentriert.
Höheres Budget trotz Brexit
Oettinger legt heute seine Haushaltspläne für die EU vor, der die Folgen des britischen EU-Austritts mitberücksichtigt. Darin plant er mit einem jährlichen Gesamtbudget von 150 bis 160 Milliarden. Das sei insgesamt mehr als bisher. Als Grund nannte er die Inflation und Kostensteigerungen in vielen Bereichen.
Die meisten Länder sind laut Oettinger bereit, mehr als bisher zu zahlen. Lediglich die Niederlande, Österreich, Dänemark und Schweden hätten sich gegen eine Erhöhung ausgesprochen. "Alle anderen sehen die neuen Aufgaben, sehen die Brexit-Lücke, sehen die Inflation und sind bereit, mehr zu zahlen." Nach Berechnungen Oettingers fehlen durch den Brexit jährliche Einnahmen von mindestens zwölf Milliarden Euro.
Auf Basis des Oettinger-Vorschlags werden in den kommenden Monaten die EU-Mitgliedstaaten über den Finanzrahmen verhandeln. Die Entscheidung über ihn muss am Ende einstimmig fallen.
Einschnitte für Landwirte
Oettinger kündigte moderate Kürzungen bei der Agrar- und der Strukturpolitik an. Auf die Landwirte kämen etwa Einschnitte von etwa fünf Prozent bei dem Teil ihrer Einkünfte zu, welche sie produktionsunabhängig jährlich erhielten. Durch die Kürzungen könnten die Lebensmittelpreise steigen. Im Forschungsbereich solle dagegen mehr getan werden, sagte Oettinger. Zugleich müsse Europa in vielen Bereichen "effizienter und besser", aber auch sparsamer investierten, wie etwa in den Bereichen Verteidigung, Migration oder Grenzschutz.
Hilfsgelder nur bei Rechtstaatlichkeit?
Für Streit könnte der Vorstoß von Oettinger zur Rechtsstaatlichkeit als Bedingung für Finanzhilfen sorgen. "Wir müssen, indem wir Geld vergeben - für Forschung, Infrastruktur, Soziales, für Projekte - garantieren können, dass im Streitfall unabhängige Richter über die Mittelbewilligung oder auch die Rückzahlung entscheiden."
Ob man den Entzug von Hilfsgeldern wirklich als Druckmittel nutzen sollte, um die Mitgliedsstaaten auf demokratische Standards zu verpflichten, ist innerhalb der EU heftig umstritten. Einige Mitgliedsstaaten hoffen, Länder wie Polen oder auch Ungarn zur Umkehr zu bewegen und zurück auf den Pfad der Rechtsstaatlichkeit zu führen, indem man dort Druck macht, wo es besonders schmerzt - beim Geld.