Europas Außenminister zu Internetsperren EU rügt Türkei - ein bisschen
Darf, wer in die EU will, die Meinungsfreiheit einschränken? Nein. Andererseits: Allzu harsch kritisieren wollen die EU-Außenminister die Türkei für ihre Internetsperren auch nicht. Könnte ja sein, dass sich die Dinge bald wieder bessern.
Von Martin Bohne, ARD-Hörfunkstudio Brüssel
Ahmet Davotoglu war explizit eingeladen - so wie alle Außenminister der EU-Beitrittskandidaten. Doch ausgerechnet der Türke Davotoglu blieb dem Frühstück der EU-Außenminister beim Treffen in Athen demonstrativ fern. Dabei hätte es mit ihm am meisten zu besprechen gegeben.
Twitter-Verbot und YouTube-Sperrung haben der Türkei gerade international sehr viel Schelte eingebracht. Sich nun auch noch die Kritik seiner EU-Kollegen anzuhören, darauf hatte Davotoglu offensichtlich keine Lust. Und so schickte er lediglich den Europaminister nach Griechenland.
Es habe dennoch eine offene und ehrliche Diskussion gegeben, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton danach. "Wir haben klargemacht, dass die sozialen Medien eine unglaublich wichtige Rolle im Leben aller Gesellschaften spielen - also auch in der Türkei." Nach harter Kritik hörte sich das nicht an. Stattdessen äußerte Ashton die Hoffnung, dass sich die Dinge nun - nach den türkischen Kommunalwahlen - wieder verbessern werden.
"Das verträgt sich nicht mit Europas Werten"
Etwas direkter als Ashton formulierte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier seine Kritik. Als Beitrittskandidat habe die Türkei "eine besondere Verantwortung". Wer sich im Beitrittsprozess befinde, müsse die europäischen Werte im eigenen Land umsetzen. "Und damit verträgt sich die Sperrung von Internetinformationen, die Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit überhaupt nicht."
Wenn man will, kann man das so lesen: Wer Twitter sperrt, der ist nicht reif für die EU. Konsequenzen für die Beitrittsverhandlungen forderte Steinmeier gleichwohl nicht. Stattdessen setzt er offensichtlich aufs Prinzip Hoffnung.
Steinmeier lobt afghanische Bevölkerung
Dieses Prinzip gilt auch mit Blick auf die Präsidentschaftswahl in Afghanistan. "Ich habe großen Respekt vor dem Engagement, das die Menschen dort zeigen", sagte Steinmeier. "Niemand lässt sich durch Gefahren abschrecken, an dieser Wahl teilzunehmen." Daher hoffe er, dass die Wahl einen Präsidenten hervorbringe, der in ganz Afghanistan akzeptiert werde.
Dieses Szenario gilt als Voraussetzung dafür, dass die internationale Staatengemeinschaft auch nach 2014 ihr Engagement aufrecht erhält.