Sexualunterricht in der Schule

Europäischer Menschenrechtsgerichtshof Schweizer Grundschullehrer dürfen aufklären

Stand: 18.01.2018 14:04 Uhr

Sexuelle Aufklärung in der Grundschule? Eine Schweizer Mutter hielt das für viel zu früh und klagte. Doch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hält die Sexualkunde für gerechtfertigt.

Sexuelle Aufklärung ist in der Schweiz bereits Thema in Grundschulen. Doch sind die Kinder dafür nicht noch zu jung? Nein, entschied nun der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) - zumindest nicht für die Form der Sexualkunde, wie sie in den Schweizer Grundschulklassen angeboten wird.

Der EGMR

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wurde 1959 in Straßburg von den Mitgliedstaaten des Europarats errichtet. Er soll die die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 sicherstellen. Der EGMR, nicht zu verwechseln mit dem EuGH, urteilt über Individual- und Staatenbeschwerden wegen behaupteter Verletzungen der in der Europäischen Menschenrechtskonvention anerkannten Rechte.

Seit 1998 ist der EGMR ein ständig tagender Gerichtshof. Bürger können sich, nachdem die innerstaatlichen Rechtsbehelfe erschöpft sind, mit Beschwerden direkt an ihn wenden. Die vom Gerichtshof gefällten Urteile sind für die betroffenen Staaten bindend.

Privatsphäre oder Religionsfreiheit verletzt?

Grundlage für den Fall war eine Klage einer Schweizerin aus Basel, deren damals sieben Jahre alte Tochter 2011 in die zweite Klasse gekommen war. Von dem in dieser Stufe vorgesehenen Sexualkundeunterricht wollte die Mutter ihr Kind befreien lassen. Sie sah das Recht ihrer Tochter auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt. Zudem führte die Mutter auch an, in einigen Fällen könne die Religionsfreiheit der Kinder eingeschränkt werden.

Beide Punkte wiesen die Straßburger Richter zurück. Ein Grund liegt in der Art und Weise der Aufklärung für die Grundschulkinder. Deren Lehrer sind angewiesen, mögliche Fragen ihrer Schüler zu beantworten, aber keinen "systematischen" Sexualkundeunterricht zu erteilen, hieß es in der Urteilsbegründung. Dadurch bleibe den Eltern nach wie vor das Recht, ihre Kinder selbst aufzuklären. Und die Kinder könnten vor möglichem sexuellen Missbrauch geschützt werden.

Auch die Religionsfreiheit der Schulkinder sah der EGMR nicht verletzt. Denn die Religionsfreiheit schütze die Kinder nicht davor, in der Schule mit anderen Ideen oder Anschauungen in Kontakt zu kommen, sondern nur vor einer vehementen Indoktrination mit anderen Auffassungen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. Januar 2018 um 23:00 Uhr.