Das Phänomen Dalai Lama "Egal, was er sagt, ich glaube ihm"
Seine politische Strategie ist umstritten, seine Exil-Regierung wird von keinem Staat anerkannt - trotzdem ist der Dalai Lama nicht nur für Tibeter etwas ganz Besonderes. Seit 50 Jahren fordert er aus dem Exil echte Autonomie für Tibet.
Von Sabina Matthay, ARD-Hörfunkkorrespondentin Südasien
Der 14. Dalai Lama kann noch so oft beteuern, dass er nichts besonderes sei, ein ganz normaler Mensch, ein simpler buddhistischer Mönch - das geistliche Oberhaupt der Tibeter ist in aller Welt geachtet und beliebter Gast auf internationalen Konferenzen. Selbst sehr schlichte Wahrheiten aus seinem Munde - wie etwa die Aussage, dass die Zeit nie stillsteht - quittiert das Publikum mit Applaus.
Charme und Lächeln
Die Exilregierung des Dalai Lama wird von keinem Staat der Welt anerkannt. Doch der Charme und das Lächeln des mittlerweile 74-Jährigen nehmen die Menschen für den Friedensnobelpreisträger ein, ebenso sein Credo, das auf Liebe, Spiritualität und Hingabe setzt.
Seit 50 Jahren lebt der geistliche Führer der Tibeter jetzt im Exil. Nach den niedergeschlagenen Demonstrationen gegen die chinesische Herrschaft 1959 entschloss er sich zur Flucht aus Tibet ins benachbarte Indien. Von Dharamsala im Bundesstaat Himachal Pradesh aus wirbt er seither für die Erhaltung der tibetischen Religion und Kultur, warnt immer wieder vor der Gefahr eines kulturellen Völkermordes in seiner Heimat und fordert echte Autonomie.
Politische Strategie nicht unumstritten
Zwar halten immer mehr junge Exil-Tibeter seine politische Strategie des Mittelwegs für gescheitert, doch auch für sie, die die Heimat der Eltern und Großeltern nie gesehen haben, ist der Dalai Lama etwas ganz besonderes. "Egal, was er sagt, ich glaube ihm blindlings", beteuert eine Studentin.
"Er steht für Tibet, weil er unseren Kampf vorangetrieben hat", erklärt Tensing Dakhla, Sprecher des Dalai Lama. "Die meisten Tibeter betrachten ihn als einen Gott, auch wenn er ein Mensch ist. Für uns Tibeter ist er das Ein und Alles."