Coronavirus breitet sich aus Peking sagt Neujahrsfeiern ab
Wegen des Coronavirus streicht Peking große Feierlichkeiten zum chinesischen Neujahrsfest. Auch weitere Städte ordneten umfassende Schutzmaßnahmen an. Unterdessen gibt es neue Vermutungen über den Ursprung des Virus.
Aufgrund der rasanten Ausbreitung des neuen Coronavirus hat Peking alle größeren Veranstaltungen und Feste rund um das Neujahrsfest abgesagt. Auch einige touristische Attraktionen würden geschlossen, erklärte die Verwaltung der chinesischen Hauptstadt.
Das neue Jahr beginnt in China am Samstag. Die Chinesen feiern das Fest bis zu zwei Wochen lang. Es ist meist mit einer großen Reisewelle verbunden, da Einwohner quer durch das Land reisen, um Familien und Angehörige zu besuchen.
Doch die Zahl der Fälle des Coronavirus steigt täglich an: Das chinesische Staatsfernsehen meldete, die Infektionen seien von knapp 570 auf 620 angestiegen. 18 Menschen kamen bislang ums Leben. Dabei handelte es sich meist um ältere Menschen oder Infizierte mit Vorerkrankungen.
Zum ersten Mal starb ein Mensch außerhalb der Provinz Hubei an dem neuen Virus. Die Gesundheitsbehörde der nördlichen Provinz Hebei, die an die Hauptstadt Peking angrenzt, vermeldete den Tod eines 80-jährigen Mannes, der sich mit dem Erreger infiziert hatte.
Weitere Städte ordnen Quarantäne an
Wegen der schnellen Verbreitung des Virus 2019-nCoV wurde nach der Metropole Wuhan nun eine zweite chinesische Stadt unter Quarantäne gestellt. In Huanggang, das etwa 70 Kilometer von Wuhan entfernt liegt, leben etwa 7,5 Millionen Menschen.
Dort wurde der Bahnverkehr und andere öffentliche Verkehrsverbindungen ausgesetzt. Kinos, Internetcafés und der zentrale Markt der Stadt sind nun geschlossen. Ähnliche Restriktionen gelten für die Städte Ezhou, Chibi und Xiantao. Alle Städte liegen in der Provinz Hubei. Damit sind mittlerweile rund 20 Millionen Menschen von Einschränkungen durch die Quarantäne betroffen.
Kliniken in Wuhan sind überlastet
In Wuhan, wo der Ursprung des Virus vermutet wird, gelten bereits seit Mittwoch umfassende Schutzregelungen. Die Stadt ist quasi abgeriegelt worden: Weder Züge noch Fähren oder Fernbusse fahren. Flugzeuge dürfen nicht starten und Ausfahrtsstraßen wurden blockiert. Die Bevölkerung ist aufgerufen, wenn möglich zu Hause zu bleiben. In der Öffentlichkeit muss ein Mundschutz getragen werden, andernfalls droht eine Strafe.
Ärzte und Krankenhäuser der Stadt sind vollkommen überlastet. Es gebe einen regelrechten Ansturm von Patienten mit Fieber und Atemwegserkrankungen, berichtete die Nachrichtenagentur dpa. Teilweise müssten die Kliniken Leute wieder nach Hause schicken, weil es nicht genug Betten gebe. In Wuhan arbeitende Ärzte äußerten in dem Magazin "Caixin" die Befürchtung, die Zahl der Infizierten könne auf mehr als 6000 ansteigen.
Wuhan ist die fünftgrößte Stadt Chinas und zugleich die Hauptstadt der Provinz Hubei. In der Metropole leben etwa elf Millionen Menschen.
Schon früh entwickelte Wuhan eine Rolle als Wirtschaftszentrum, auch durch seine Lage an den Flüssen Jangtse und Han. Im 11. Jahrhundert als "Reiskammer Nordchinas" bekannt, wurde Wuhan im 19. Jahrhundert zu einem Zentrum für die Stahl- und Eisenindustrie.
Auch Deutschland baute sich Kooperationen mit der Stadt auf. In den 1970er-Jahren errichteten deutsche Konzerne dort ein Kaltwalzwerk. 1982 folgte eine Städtepartnerschaft mit Duisburg, basierend auf ähnlichen wirtschaftlichen Strukturen".
Heute gilt Wuhan als größtes Logistik- und Frachtverteilungszentrum im Landesinneren von China. Die Stadt verfügt mit Schnellstraßen und ein Schienennetz für Hochgeschwindigkeitsbahnen über eine sehr gute Infrastruktur. Sogar für Hochseeschiffe ist Wuhan erreichbar, obwohl es fast 1000 Kilometer vom Meer entfernt liegt.
Schutzmaßnahmen in einmaligem Ausmaß
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verzichtete zunächst darauf, einen internationalen Gesundheitsnotstand auszurufen. Es sei dafür noch etwas zu früh. Allerdings könnte sich die Situation noch zu einer solchen Notlage entwickeln, sagte WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus
Vorsichtsmaßnahmen, wie sie derzeit in China ergriffen werden, seien "einmalig in der neueren Geschichte", sagte Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg.
Auch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist eigenen Angaben zufolge kein vergleichbarer Fall bekannt. Die Quarantäne sei zwar ohne Rücksprache mit der WHO angeordnet worden, trotzdem begrüßte der Direktor der Organisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, die Schritte. Die WHO berät seit Mittwoch in einer Krisensitzung über den neuen Virus. Bislang sah sie jedoch davon ab, den internationalen Gesundheitsnotstand auszurufen. Ghebreyesus kündigte dafür klare Reisehinweise an, die die WHO noch im Laufe des Tages bekanntgeben wolle.
Doch nicht nur in China werden aus Sorge vor dem Coronavirus Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. In Singapur bestätigten die Behörden einen Fall des neuartigen Virus, es gebe zudem einen Verdachtsfalls. In Thailand, Japan, Südkorea, Taiwan und den USA waren bereits zuvor Fälle gemeldet worden. Auf dem italienischen Flughafen Fiumicino wurden sämtliche 202 Passagiere eines Direktfluges aus Wuhan nach der Landung in einem gesonderten Bereich auf mögliche Symptome einer Ansteckung kontrolliert. Unter anderem wurde per Fieberscanner eine erhöhte Temperatur geprüft. Nach Angaben des Flughafens wurden jedoch bei keinem der Reisenden Anzeichen einer Erkrankung festgestellt.
Die Air France strich alle ihre Direktverbindungen nach Wuhan, ein vorerst letzter Flug sollte am Nachmittag Paris erreichen und die Passagiere untersucht werden.
Forscher tippen bei Wirten auf Schlangen oder Fledermäuse
Der Ursprung des neuen Virus konnte bisher nicht klar identifiziert werden. Es wird vermutet, dass es auf einem Markt in Wuhan zu ersten Ansteckungen gekommen war, auf dem auch Wildtiere verkauft worden waren. In dem Fachmagazin "Journal of Medical Virology" erschien nun ein Artikel, in dem Wissenschaftler Schlangen als wahrscheinlichsten Träger des Virus vermuten. Das hätte ein Vergleich des 2019-nCoV mit anderen Virentypen ergeben. Die These müsse aber noch durch weitere experimentelle Studien überprüft werden.
Autoren von verschiedenen chinesischen Forschungsinstituten tippen dagegen auf Fledermäuse als natürlichen Wirt des neuen Virus. Diese Vermutung veröffentlichten sie in dem Magazin "Science China Life Sciences". 2019-nCoV weise eine große Ähnlichkeit mit einem Erreger auf, der bei den Tieren vorkommt. Es sei aber nicht auszuschließen, dass es noch einen oder mehrere Zwischenwirte im Verlauf der Virenübertragung gebe.