Spanische Exklave Ceuta Nutzt Marokko Migranten als Druckmittel?
Zwei Mal kurz hintereinander haben hunderte Migranten die stark befestigte Grenze der spanischen Exklave Ceuta überwunden. Spanische Medien vermuten, Marokko könnte die Flüchtlinge durchgelassen haben, um Druck auf die EU auszuüben.
"Bosa!" - "Sieg", sagt einer der Migranten vor der Kamera eines lokalen Fernsehsenders in Ceuta, nachdem er den Grenzzaun überwunden hat. Gemeinsam mit fast 500 anderen. Das war am vergangenen Freitag. Heute früh durchbrachen 356 Migranten mithilfe von Hämmern und Drahtscheren die Tore des sechs Meter hohen, stark gesicherten Walls vor der spanischen Exklave Ceuta.
2016 schafften nach Angaben der europäischen Grenzschutzagentur Frontex etwa 1000 Menschen den gefährlichen Sprung von Marokko nach Ceuta. Im laufenden Jahr sind es nach den beiden aktuellen Anstürmen schon 700. Und in Nord-Marokko warten noch mehr auf ihre Chance. Sie leben in wilden Camps, nicht weit vom Grenzzaun entfernt. So wie der junge Kameruner Youssouf: "Hier in Marokko ist es ein bisschen schwierig, weil wir nach Europa wollen, um besser zu leben als hier. Das Leben in Marokko gefällt uns nicht."
Handfeste, politische Auseinandersetzung
Üblicherweise schirmen marokkanische Sicherheitskräfte ihre Seite des Grenzzauns effektiv ab. Dass das jetzt zwei Mal hintereinander nicht gelang - dahinter vermuten spanische Medien, wie die Internet-Zeitung "El Confidential", politische Gründe.
Es geht um das politisch heikle Problem der Westsahara. Die hatte Marokko 1975 friedlich besetzt und betrachtet das Gebiet als Teil seines Staatsgebietes. Der Status des Gebietes ist aber völkerrechtlich nicht geklärt. Das sorgt immer wieder für Spannungen. Aktuell deshalb, weil der Europäische Gerichtshof, der EUGH, ein Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Marokko nicht akzeptiert. Weil Marokko auch landwirtschaftliche Produkte aus der Westsahara als Teil dieses Abkommens sieht. Der EUGH nicht. Das empört Marokkos Regierende.
Der Grenzzaun der spanischen Exklave Ceuta.
Warnungen aus Marokko
Der Landwirtschaftsminister Marokkos hatte das Anfang Februar kritisiert. Europa wisse die Anstrengungen des Königreichs beim Schutz der Grenze vor illegalen Migranten nicht zu schätzen. Und sein Ministerium hatte kurz zuvor in einer Pressemitteilung gewarnt, es könne einen "neuen Zustrom von Migranten" geben. Für den Fall, dass die "Schwierigkeiten" zwischen Marokko und der Europäischen Union andauern.
Deshalb wird jetzt vermutet, auf marokkanischer Seite habe man zumindest nicht alles getan, um die Migranten auf dem Weg nach Ceuta aufzuhalten. Allerdings: Spaniens Regierung dementiert diese Schlussfolgerungen.
Marokko sieht sich als Partner der EU
Fakt ist aber: Marokko sieht sich als wichtiger Partner Europas. Anis Birou ist Marokkos Minister für Migration und er sieht die Lage so: "Zehntausende sind aus Sub-Sahara-Afrika hierhergekommen. Ihr Ziel war nicht Marokko. Auch nicht mehr Frankreich. Sie wollten nach Deutschland, Schweden, Dänemark oder England. Marokko hat eine enorme Anstrengung unternommen, damit diese Menschen in Würde hier im Königreich Marokko leben können."
Marokko strengt sich an, sagt der Minister. Der Migrationsforscher Mehdi Lahlou wird deutlicher. Lahlou arbeitet für das marokkanische Institut für Statistik und Wirtschaft. Er meint, Marokko fühlt sich - trotz seiner wichtigen Rolle in der Migrationspolitik - nicht wirklich gut behandelt von Europa: "Es gibt eine Partnerschaft in der Migrationspolitik. Es gibt einen intensiven politischen Dialog bei den Themen Kampf gegen Menschenhandel und illegale Einwanderung. Aber Marokko wird unter ferner liefen behandelt, wenn es um Hilfen für die Grenzsicherung geht."