Durchbruch bei Brexit-Deal Nächster Schritt: EU-Sondergipfel
Nach der Einigung auf einen Brexit-Vertragsentwurf will die EU den nächsten Schritt gehen: Ratspräsident Tusk kündigte - wie erwartet - für den 25. November einen Sondergipfel an.
Nach dem Durchbruch beim Brexit-Abkommen gestern hat EU-Ratspräsident Donald Tusk einen Sondergipfel einberufen, um den Austrittsvertrag der Europäischen Union mit Großbritannien unter Dach und Fach zu bringen. Das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs soll am 25. November in Brüssel stattfinden, teilte Tusk mit.
Die EU und Großbritannien hatten Anfang der Woche nach eineinhalbjährigen Verhandlungen einen Textentwurf fertiggestellt, der einen geordneten Austritt am 29. März 2019 und eine knapp zweijährige Übergangsfrist bis Ende 2020 vorsieht.
May sieht Hürde im Parlament
Das 585 Seiten starke Dokument war nach stundenlanger Debatte am Mittwochabend durch das Kabinett von Premierministerin Theresa May gebilligt worden. Den Entwurf anzunehmen, sei schwer gewesen, vor allem mit Blick auf die umstrittene Irland-Frage, sagte May nach den etwa fünfstündigen Verhandlungen. "Aber ich glaube, es ist eine Entscheidung, die zutiefst im nationalen Interesse ist." Inzwischen gab es den ersten Rücktritt in Mays Regierungsreihen: Der Nordirland-Staatssekretär Shailesh Vara legte aus Protest gegen die Brexit-Pläne sein Amt nieder. Der Tory-Politiker schrieb auf Twitter: "Die Menschen in Großbritannien verdienen Besseres."
Schon heute will May den Entwurf im Parlament vorstellen - und muss dort mit heftigem Gegenwind rechnen. Die Regierungschefin dürfte größte Schwierigkeiten haben, für den Deal eine Mehrheit im Parlament zu finden, das den Vertrag später ratifizieren muss.
Gegenwind auch aus eigenen Reihen
Die Opposition kündigte an, gegen das Abkommen zu stimmen. Harsche Kritik kam auch von Brexit-Hardlinern in ihrer eigenen Partei und der nordirischen DUP. Mays Minderheitsregierung ist auf die Unterstützung der DUP-Abgeordneten angewiesen.
Einer der größten Widersacher Mays, der einflussreiche Hinterbänkler Jacob Rees-Mogg, sprach in der BBC von einem "ziemlich miesen Abkommen". Er kündigte an, im Parlament gegen den Entwurf zu stimmen. Als Knackpunkt gilt weiterhin die von den Unterhändlern vereinbarte Lösung zur Frage, wie künftig Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindert werden sollen.
DUP-Chefin Arlene Foster sagte dazu: "Als Unionisten können wir kein Abkommen unterstützen, das das Vereinigte Königreich auseinanderbrechen lässt." Der DUP-Abgeordnete Jim Shannon erklärte am Morgen, seine Partei werde "sicherlich gegen das Abkommen stimmen." Man fühle sich betrogen. Seine Partei sträubt sich gegen jegliche Sonderbehandlung Nordirlands. Durch den sogenannten Backstop bliebe Nordirland allerdings bis auf weiteres Teil des EU-Binnenmarkts. Freier Personen- und Warenverkehr zwischen Nord und Süd wäre auch nach dem Brexit relativ reibungslos möglich. Diese Lösung ist auch den Brexit-Hardlinern in Mays Partei ein Dorn im Auge. Sie fordern, den Backstop zeitlich zu begrenzen. Trotzdem sind die Chancen auf einen geordneten Brexit mit der Billigung durch das Kabinett deutlich gestiegen.
Auch Europaparlament muss noch zustimmen
Irlands Regierungschef Leo Varadkar begrüßte die Entscheidung des britischen Kabinetts. May habe ihr Versprechen gehalten, den Friedensprozess und das Karfreitagsabkommen zu schützen. Und auch Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sprach von guten Nachrichten aus London.
EU-Chefunterhändler Barnier hatte am Mittwochabend in Brüssel von einer "entscheidenden Etappe" gesprochen, die nun erreicht sei. Es bleibe aber noch viel, viel Arbeit.
Bei dem geplanten Sondergipfel im November soll das Vertragswerk einschließlich einer politischen Erklärung für die künftigen Beziehungen unterzeichnet werden. Letztlich muss neben dem britischen Parlament auch das Europaparlament den Vertrag ratifizieren.